Ist eine späte Schwangerschaft riskanter?

Die Schwangerschaft ist ein Geschenk. Auch für ältere Frauen?


Zu den vermuteten Gefahren und möglichen Vorteilen einer späten Schwangerschaft wird seit Jahren viel geforscht. Aktuell wurden gleich zwei Studien zu diesem Thema veröffentlicht, deren Ergebnisse sich allerdings zu widersprechen scheinen.

Späte Schwangerschaft: Gefährlich für die Mutter

Ein Forscherteam der University of British Columbia in Vancouver hat die Daten hunderttausender schwangerer Frauen ausgewertet. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Sarka Lisonkova kommen zu dem Ergebnis, dass mit steigendem Alter der Mutter die lebensbedrohlichen Komplikationen zunehmen, für Mutter und Kind.

Grundlage dieser Feststellung sind die Gesundheitsdaten von über 800.000 Schwangeren aus dem US-Bundesstaat Washington, die zwischen 2003 und 2013 erhoben wurden. Als „normale“ Komplikationsrate setzten sie die Häufigkeit von Komplikationen bei Frauen im Alter von 25 bis 29 Jahren voraus.

Ab einem Alter von 39 Jahren steige die Komplikationsrate deutlich an, so die Wissenschaftler. 40 bis 44 Jahre alte Schwangere hatten unter anderem ein achtfach höheres Risiko einer Fruchtwasserembolie. Dabei dringt während der Entbindung Fruchtwasser in den Blutkreislauf der Mutter ein, was oft tödlich endet. Generell war die späte Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko von Nierenversagen, Herzversagen und anderen ernsthaften Komplikationen vergesellschaftet.

Die Forscher gehen davon aus, dass diese Erkrankungen bei Schwangeren und Müttern und die Müttersterblichkeit in Zukunft noch zunehmen werden, da das Alter der Mütter weiterhin ansteigt.
Studie in PLOS Medicine

Späte Schwangerschaft: Individuelle Risikofaktoren wichtiger

Etwas anderes sieht das Ergebnis einer Studie aus, die Mikko Myrskylä, Direktor des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock und Alice Goisis von der London School of Economics durchgeführt haben. Sie haben über 124.000 Kinder finnischer Familien untersucht, in denen die Mutter zwischen 1987 und 2000 mindestens zwei Kinder bekommen hat.

Myrskylä und Goisis kommen zu dem Schluss, dass das erhöhte Risiko einer Frühgeburt oder geringen Geburtsgewichts nicht vorrangig auf das Alter der Mutter zurückzuführen ist, sondern eher auf die persönlichen Lebensumstände und das Verhalten der Schwangeren.
Innerhalb derselben Familie, so die Forscher, ist das Risiko einer Frühgeburt oder niedrigen Geburtsgewichts auch bei einer älteren Schwangeren nicht größer.

Grob gesagt bedeutet das, dass die Gefahr beim zweiten oder dritten Kind nicht größer ist als beim ersten Kind, auch wenn die Mutter schon älter ist. Vergleichen die Wissenschaftler aber Schwangerschaften verschiedener Frauen, so sind die Risiken bei älteren Frauen höher.
Goisis und Myrskylä gehen davon aus, dass die Risiken hauptsächlich von den individuellen Lebensumständen, (ungesundem) Verhalten und auch dem Stress, unter dem die Frau steht, abhängen. Studie im American Journal of Epidemiology

Diese Ergebnisse lassen sich nur schwer miteinander vereinbaren. Allerhöchstens lässt sich mutmaßen, dass ein höheres Alter für die Schwangere selbst vielleicht gefährlicher ist, für das Kind aber unter Umständen nicht das Alter der Mutter ausschlaggebend ist, sondern bestimmt Begleitfaktoren (die vielleicht oder auch nicht mit dem Alter einhergehen oder davon beeinflusst werden).