Hallo,
ich muss mir heute mal anonym schreiben, da unsere Familie etwas sehr belastet. Ich habe den Beitrag schon ein Mal geschrieben und wieder gelöscht. Aber ich brauche dringend Input, Ideen, Rat.
Also es geht um meinen Vater. Dieser ist über 80 Jahre alt und sein Verhalten wird für alle immer anstrengender und belastender.
Um es kurz zusammenzufassen; Er beschäftigt sich ausschließlich mit seinen Angelegenheiten (Haustier, Garten etc.). Von mir und meiner Familie will er nie etwas wissen, alles was er weiß, weiß er durch meine Mutter oder weil ich es ungefragt erzähle. Er selbst frägt uns nie etwas, da scheint das Interesse nicht so groß zu sein. Er pendelt so in seinem Alltag um die eigenen Bedürfnisse herum. Das wäre ja noch okay.
Nun ist es aber so, dass er zunehmend rechthaberisch wird, auch Dinge kaum einsieht, die man ihm durch z. B. Internetrecherche klar beweisen kann. Das können ganz belanglose Dinge sein, er beharrt auf seiner Sicht der Dinge. Beweist man ihm das Gegenteil, will er gar nicht mehr richtig etwas davon hören. Eine andere Sichtweise oder einen Irrtum nur in Erwägung zu ziehen, findet nicht statt. In Diskussionen wird er sehr laut, je nach Gesprächspartner auch reizbar und aggressiv und vergreift sich da teilweise auch etwas im Ton. Einzig wenn fremde Personen (z. B. Freundinnen von mir) dabei sind, ist es in Ordnung. Im Familienkreis ist es aber anders und natürlich hat man da nur noch wenig Lust auf ein Kaffeekränzchen.
Dazu kommt eine Vergesslichkeit, bei der wir uns alle nicht sicher sind, ob das noch im Rahmen liegt, allerdings auch nichts gravierendes. Also er ist sehr wohl örtlich, zeitlich und auch sonst gut orientiert. Es sind eher kleine Sachen (z. B. ich rufe an und sage ihm, warum meine Mutter zurückrufen soll, das richtet er nicht aus. Oder Fragen zu einem Arzttermin, was der Arzt ihm den GENAU gesagt hat, kann er eher nicht beantworten. Da hört er nur, was ihm entgegenkommt oder worüber er sich geärgert hat). Aber wie gesagt, nichts was man nicht einfach dem Alter zurechnen könnte. Nichts Aufälliges.
Sein Verhalten anzusprechen oder ihn zu bewegen, eine evtl. Demenz/ Depression überprüfen zu lassen würde an der oben angesprochenen niedrigen Aggressions- und Reizbarkeitsschwelle schon scheitern. Eine Einsicht ist überhaupt nicht zu erwarten. Auch nicht, wenn man ihm sagen würde, wie sehr alle eigentlich darunter leiden. Er würde es nur als Angriff auf seine Person werten, der Leidensdruck der anderen kommt bei ihm überhaupt nicht an.
Ich habe nun überlegt, ob ich einfach heimlich seinem Hausarzt die Situation schildere und diesen bitte, einfach mal ein bisschen darauf zu achten und es anzusprechen, falls diesem Dinge auffallen. Von unserer Seite her ist das kaum möglich, das könnte wirklich einen größeren Streit provozieren.
Habt ihr evtl. Erfahrungen mit diesen Situationen? Oder gibt es vielleicht Dinge, auf die ich nebenbei achten könnte, die ich unauffällig fragen könnte um evtl. Defizite in Erfahrung zu bringen.
Schwierig ist eben, dass alles nicht gravierende Dinge sind. Auch die leichte Reizbarkeit war immer da und stellt keine total Wesensänderung dar, sie verstärkt sich einfach. Und wir sind da etwas ratlos, ob es doch eine Demenzform oder der berühmte "Altersstarsinn" ist, oder eine Altersdepression. Aber ich habe schon so viel gelesen, und so ganz passt alles nicht.
Ich würde mich sehr freuen über Denkanstösse, Erfahrungen oder Rat von Euch, da ich nicht so richtig weiß, wie wir die Situation handhaben können.
Ich finde aber Familienfeiern nur noch anstrengend und versuche sie "hinter mich zu bringen", und das ist eigentlich schade. Er könnte sehr viel mehr eingebunden werden, aber so wie es im Moment ist, geht das einfach nicht. Und ich finde auch, man kann sich im Alter nicht alles erlauben. Aber wie ansprechen? Tja, ich bin wirklich ratlos.