Ja, eben, jeder hat sein Paket zu tragen.
Ich, als jemand, der zwar die
ICSI-Negativs kennt und die Hoffnungslosigkeit, die man in Behandlungen verspüren kann, aber auch heute zwei Kinder hat, empfinde diesen Thread als extremes Beispiel dafür, wie sich die Einstellungen zum Thema auch verändern können. Es ist immer alles eine Frage der Perspektive. Und, das würde ich heute sagen: Man kann auch als von ungewollter Kinderlosigkeit betroffener Mensch extrem ungerecht anderen gegenüber werden.
Zitat
P
Warum müssen wir unseren Schmerz, unsere Trauer, und unser Leid eigentlich immer nur verstecken? Was läuft da schief?
Die anderen dürfen ihre Freude und ihr Glück ganz offen ausleben, es jedem unter die Nase reiben, warum also soll uns nicht zustehen zu zeigen dass es einem beschissen geht? Warum darf man dies niemals zeigen, warum muss man sich damit immer absolut unter Kontrolle haben?
Das ist jetzt deine Sichtweise. Und die kann man emotional gesehen natürlich nachfühlen. Das ist gar keine Frage. Deine Gedanken kreisen um dieses Thema, du siehst dich als Opfer, was du ja bzgl dieses Themas auch irgendwo bist - du bist aber natürlich nicht das Opfer deiner Schwägerin, das ist objektiv gesehen schlicht Unsinn, du bist das Opfer der Natur, des Schicksals, wie auch immer.
Deine Sichtweise hilft dir nicht weiter, sie zentriert negative Gedanken, sie wird dich eher unglücklich als glücklich machen und zudem ist diese Sichtweise nunmal schlicht nicht wahr. Du zeigst doch dein Leid, weder musst du dich unter Kontrolle haben noch hast du dich unter Kontrolle gehabt in der Situation. Niemand verlangt von Kinderlosen, dass sie nicht darüber reden, und wenn es ein Tabu-Thema ist, so eher mein Empfinden, liegt das ja mehr als den Betroffenen selbst.
Ich stimme hier pmami völlig zu, wenn sie sagt: Bei einem Familientreffen mit Babyschuhen das Glück zu verkünden, ist nun ganz sicher nichts Ungewöhnliches oder gar Freches, Egoistisches - es ist sicher üblich, es ist nachvollziehbar, das ist schlicht ganz normal. Das Glück trifft in dem Moment auf dein Unglück, natürlich. Aber dafür kann deine Schwägerin nichts. Du hast dir selbst den Raum genommen für deine Trauer, du hast natürlich objektiv gesehen die Party gecrasht, danach wird niemand mehr lachend am Tisch gesessen haben. An diese Situation wird die Schwägerin auch noch in 50 Jahren denken, und das war auch sicher für die weder schön noch einfach. Diese Perspektive kann auch eine sein.
So, wie ja immer alles eine Frage der Perspektive ist. Ich erinnere mich auch noch, dass ich in den Behandlungen irgendwie jedes Baby als gegen mich gerichtet gesehen habe, dass ich mich teils auch nicht über das Positiv eines anderen gefreut habe, weil man denkt, wenn das bei X und Y und Z mit der
ICSI geklappt hat, kann es ja kaum sein, dass wir jetzt auch noch Glück haben. Icj habe in der Stadt nur noch Kinderwagen gesehen. Man fühlt sich ausgeschlossen. Ich kann das alles nachvollziehen.
Aber es ist eben eine Perspektive von vielen, und das Leben, das spürt man aber natürlich eher wieder dann, wenn Kinder da sind, besteht auch nicht nur aus dem Kind und vor allem ist das auch kein Garant für Glück und innere Zufriedenheit. Aber da wird man schnell eigensinnig. Man sieht nicht mehr, dass man doch auch bei allem Elend wegen der ungewollten Kinderlosigkeit gar nicht weiß, was in anderen vorgeht . Und wenn man dann aber innerlich oder auch offen sich so verhält, als seien alle anderen, die nicht "Rücksicht nehmen" auf die Kinderlosigkeit, gemein und böse, ohne mehr zu wissen, was die denn alles so tragen an Päckchen, ist man selbst auch nicht besser.... ohne dies böse zu meinen, aber was weiß man schon? Deine Schwägerin hat ja offenbar einen neuen Partner - weißt du denn, was alleine deswegen alles schon in ihrem leben war? Eine Trennung, da war schon ein Kind, was auch mit der Trennung leben musste, vielleicht war sie alleinerziehend, vielleicht dachte sie auch, da käme niemals mehr ein Mensch, mit dem sie eine Beziehung führen wird. Du weißt doch gar nicht, welche Probleme sie möglicherweise mit der Tochter hat oder hatte, vielleicht gibt es ihrerseits auch gesundheitliche, psychologische Sorgen ihrer selbst, bei ihren Eltern... was weißt du über deren Finanzen, was weißt du wirklich über deren Partnerschaft? Kannst du sicher sein, dass nicht jetzt oder irgendwann auch mal bei denen das Elend groß ist? Kannst du sicher sein, da immer rücksichtsvoll zu sein? Ich denke, da verlangt man sehr viel und wird anmaßend.