Liebe Sunshine,
ich habe mir dein Posting jetzt ein paar Mal durchgelesen.
Um fair zu sein - ich kenne leider beide Seiten der Medaille - den Alltag als Krankenschwester auf einer Station mit vorwiegend schwerkranken Menschen und das Gefühl, Angehöriger zu sein. Deswegen versuche ich es jetzt einigermaßen diplomatisch.
Als Angehöriger gibt es - denke ich - kaum ein schlimmeres Gefühl als das, das der Opa, die Oma oder sonstwer in einem Krankenhaus, auf einer Station nicht richtig versorgt wird. Wenn man sieht, wie Menschen leiden können, weil sie krank sind, geht einem das ziemlich an die Nieren, man ist unter Umständen stressanfälliger, leichter aufzuregen, reagiert auch mal gereizt.
Ich kann euren Unmut verstehen - ihr habt das
Personal auf das Essen hingewiesen, mehrfach...auf die Urinflasche...mehrfach...wen sich da nichts tut, ist das schon ärgerlich, da habt ihr recht.
Aber das Einzige, was ihr tun könnt, ist es selber zu tun - das ihr wirklich versucht, euch an der Pflege zu beteiligen, indem ihr füttert, mit den Schwestern redet, euch um die Flasche kümmert....unabhängig davon, das es die Aufgabe der Schwestern ist.Wenn ihr euch hinter demRücken der Schwester aufregt, mag das zwar berechtigt sein, aber ändern tut es im Endeffekt wohl nichts.
Was ihr natürlich tun könnt, wenn gar nichts mehr geht, ist, euch mal mit der Stationsleitung zusammenzusetzen um ganz klar zu definieren, wo ihr Mängel in der Versorgung seht. Ohne jegliche Wertung...einfach ganz diplomatisch.
Ich kenne natürlich die Zustände in diesem Krankenhaus nicht.....aber ich weiß, wie es bei uns manchmal aussieht. Ich hätte auch gerne mehr Zeit für meine Patienten, für eine längere Unterhaltung zwischendrinne....aber es ist einfach nicht machbar, glaube es mir.
Dafür müsste man das Gesundheitssystem ändern und einiges Andere mehr.
Unabhängig von eurer Kritik, so berechtigt sie auch sein mag - es sind ja auch nicht alle Angehörigen gleich-freundlich oder gleich-schwierig. Und wenn man in einer Stunde 20 Beschwerden angenommen hat......das Essen falsch...Schwestern machen zu lange Pause....brauchen zu lange für die Klingeln......das frustet mich persönlich ungemein. Aber auch so Tage gibt es.
Dann hat man zeitgleich vier Aufnahmen, muß die Bettpatienten machen, von drei Seiten kommen ärztemäßig 20 Anordungen....die Röntgen-Abteilung beschwert sich, irgendein unbekannter Doc taucht auf und sucht Akten, die nicht zu finden sind.....Patient XY hat sich dann zur selben Zeit mal selbständig gemacht und rennt in Unterhosen durch den Park...das alles nur mal als Beispiel. Da könnte man wahnsinnig werden.
Und trotzdem versuchen wir unser Bestes - na wenigstens die meisten meiner Art.
Tanner