Liebe Holly,
trotz allem erst einmal nachträglich alles Gute zum Geburtstag!
Geburtstage, vor allem runde Geburtstage sind ja immer ein Anlass, zu bilanzieren, zurückzuschauen auf das was man "geschafft hat" und auch auf das, was man "nicht geschafft" hat. Häufig springt einem eher das ins Auge, was nicht so geklappt hat, wie man sich das erträumt hat und nicht umsonst ist bei vielen Menschen die Zeit um den 40. Geburtstag die, in dem die Midlife-Krise beginnt, unabhängig davon, ob man Kinder hat oder nicht.
Mit 40 steht man fest im Leben, man kann noch vieles schaffen, aber andererseits wird man sich bewußt, dass viele der "hochfliegenden" Träume der Jugend nicht verwirklicht wurden / werden konnten. Der eine stellt fest, dass er nicht Abteilungsleiter ist, der nächste hat doch keine Villa, sondern nur ein Reihenhaus, ein anderer ist immernoch nicht mit der Traumfrau / dem Traummann verheiratet und und und.
Bei dir ist der Kinderwunsch, der sich nicht verwirklichen ließ, obwohl es etwas "vermeintlich Normales" ist, kein Vorstandsvorsitz, keine Million, Kinder hat doch jeder, meint man. Stimmt nicht! Kinder sind ein großes Geschenk, ein Wunder, wie die Tatsache, dass wir sehen können, hören, laufen... Ich wiederhole mich da, ich weiß, aber all das sind Dinge, die "vermeintlich normal" sind, erst, wenn wir sie verlieren bzw. nicht bekommen können, merken wir, dass es keineswegs selbstverständlich ist.
Wenn man es mal sachlich sieht, dann sind die 40 "nur" eine gedachte Grenze, letztlich ist es egal, ob du 39,4 Jahre alt bist und keine Kinder bekommen kannst oder 40 oder wie alt auch immer. Die 40 macht es dir nur mal wieder schmerzhaft bewußt, dass es diese Lücke in deinem Leben gibt, diese Wunde, die sich so schwer schließt.
Wie soll es weitergehen? Liebe Holly, das ist eine ganz schwere Frage. Ich würde dir vorschlagen: versuche die Kinderlosigkeit anzunehmen. Ich bin der festen Ansicht, dass es nichts auf der Welt gibt, dass DIESES Loch stopfen kann. Du hast keine Kinder, du wünschst dir welche, es wird IMMER wehtun. Jetzt, später, wenn deine Freunde und du auf die 60 zugehen und alle anderen Großeltern werden und ihr nicht.... Es ist meiner Ansicht nach eine Frage, wie wir mit diesem Schmerz umgehen. Halte den Schmerz und die Traurigkeit nicht auf, wenn dir im Moment nach Weinen ist. Der Schmerz ist da, er wird auf seine Weise immer da sein, mit der Zeit sicher dumpfer, wie eine Narbe einer alten Verletzung, die immer wieder zieht und zerrt. Wehr dich nicht dagegen, nimm die Traurigkeit an, begrüße sie und widme dich dann wieder deinem Leben.
DAS ist meiner Ansicht nach die große Aufgabe, beim Umgang mit der ungewollten Kinderlosigkeit. Das Leben so wie es ist, anzunehmen, zu genießen und die Lücke zu akzeptieren. Alles, was du machst, um diese Lücke zu stopfen, wird auf Dauer nicht funktionieren. Nur ein plumpes Beispiel: Schöne Reisen sind wunderbar, aber sie trösten dich dennoch nicht über die Kinderlosigkeit hinweg, beides hat letztlich nichts miteinander zu tun. Außer einem Kind wird dich nichts über die Kinderlosigkeit hinwegtrösten. Verstehst du, was ich meine?
Alles, was du tust, weil du es gerne tust, weil es dich, deinen Mann glücklich macht, wird dir helfen, trotz dieser Lücke glücklich zu sein.
Und ich halte es auch für wichtig zu wissen, dass es auf dem Weg mit der ungewollten Kinderlosigkeit immer wieder Rückschläge geben wird, ich denke das wissen alle, die ungewollt kinderlos sind. Ich wurde kürzlich auch völlig unerwartet von einem solchen Tief überrumpelt. Aber der Abstand zwischen den Tiefs wird größer, man überwindet sie zumeist schneller und die Zeit dazwischen ist leichter, schöner und schmerzfreier.
Ich wünsche dir, dass du ganz schnell wieder aus deinem Tief heraus kommst!
Viele liebe Grüße,
Blüte
1 mal bearbeitet. Zuletzt am 14.01.07 18:51 von Blüte.