Auch ich bin zwar der Meinung, dass wir hier kein Urteil fällen können, weil wir dich und deine Lage nicht genau kennen und eine persönliche Beratung wichtig ist.
Ich glaube auch, es gibt kein allgemeines Richtig oder Falsch in deiner Lage.
Dennoch erlaube ich mir, meine Gedanken aufzuschreiben.
Also.
Ich lese heraus, dass du dir lange ein Geschwisterkind gewünscht hast, dass du und dein Mann euch beide über das Baby freuen würdet.
Dass einzig deine Angst vor der Zukunft dich Zweifeln lässt, ob es richtig ist?
Dass eure Angst, dein Mann muss allein die Kinder groß ziehen und die Kinder zu früh ohne Mutter sein müssen, euch zweifeln lässt?
Ja, du hattest eine schwerwiegende Krankheit und du nimmst Medikamente und weißt nicht, wie lange du noch lebst. Du kämpfst mit deinen Todesängsten.
Ja, eine Kindheit mit (früh) verlorener Mutter ist nicht einfach.
Hm, glaubst du an Schicksal?
In meinen Augen ist es Schicksal, dass dieses Kind ausgerechnet jetzt und einfach so in eurer Leben geschickt worden ist.
Ausgerechnet jetzt, wo du mit Todesängsten kämpfst, begegnest du neuem Leben.
Ihr habt nun die Chance, eurer Angst mit Liebe zu begegnen.
In Liebe dieses Kind zu empfangen und in eurer Familie willkommen zu heißen. Das Leben wieder willkommen zu heißen.
Die Zeit, die euch bleibt (und das sind ja vielleicht noch viele Jahre!), euren Kindern viel Liebe zu schenken.
Den Traum einer Familie mit zwei Kindern zu leben. Eurer Tochter ein Geschwisterchen zu schenken.
Ich denke, es ist nicht die Frage, wie es werden sollte, solltest du schwer erkranken oder gar zu früh sterben - deine Familie wird durch diese Zeit durch gehen, Hilfe und Unterstützung finden und sich in Liebe an eure gemeinsame Zeit erinnern. (Und auch das kann man entsprechend vorbereiten.)
Ich denke, es ist die Frage, wie sehr ihr (vor allem du) euch dieses Kind in eurer Familie wünscht, ob du (ihr) euch kräftemäßig diese Herausforderung zutraut?
Denn ein Baby mit den durchwachten Nächten, dem Weinen, die Trotzphase und dann noch die große Schwester mit eigenen Bedürfnissen und Problemen werden viel Energie und Kraft kosten.
Gut vorbereitet, geplant und mit ausreichend Unterstützung (je nach finanzieller Lage mit Putzfrau, Babysitter/Aupair etc.) kann dieses relativ entspannt laufen.
Und die Liebe des Kindes, allein ein Kinderlächeln, relativiert ja meist schon jegliche Strapazen.
Dennoch, es ist und bleibt eine Herausforderung.
Wie auch immer du dich entscheidest, ob für oder gegen das Kind - es gilt, dass du damit in Frieden leben kannst. Dass es sich in DIR richtig anfühlt.
Fühlt es sich für dich gut und richtig an, dieses Kind zu bekommen, auch wenn du womöglich schwer erkrankst, eine eingeschränkte Mutter bist und evtl zu früh gehst?
Fühlt es sich für dich gut und richtig an, dieses Kind wieder zu den Engeln gehen zu lassen, um all deine Kraft für deine eine Tochter, die jetzt bei dir ist, haben zu können?
Und da sollte nicht die Angst aus dir entscheiden, sondern deine Intuition, dein tiefes Bauchgefühl.
Du solltest deine Entscheidung nicht bereuen, sondern voll und ganz hinter ihr stehen. Dafür darfst du dir Zeit lassen, ein paar Wochen hast du ja noch.
Wenn ich vor einer schweren Entscheidung stehe, dann mache ich es manchmal so, dass ich die Möglichkeiten auf unterschiedliche Papiere schreibe, jemanden bitte, sie zu mischen und umgekehrt auf den Boden zu legen. Dann stelle ich mich einzeln drauf, lasse es in mir wirken (ich weiß ja nicjt, was drauf steht) und bei welchem Blatt Papier in mir ein großes "Ja" ruft, das nehme ich hoch und schau mir an, was drauf steht.
Das erleichtert mir oft die Entscheidung.
1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.09.19 11:44 von bubble°.