Bessere Erfolgsraten durch genetische Diagnostik?


Wenn sich Embryonen nach einer künstlichen Befruchtung nicht einnisten, obwohl alles perfekt aussieht, dann stellt sich schnell die Frage nach den möglichen Ursachen für den Misserfolg und der Therapie für diese offensichtlich vorhandenen Störungen.

Schnell kommt man dann auf genetische Störungen des Embryos als Erklärung für die ausbleibende Einnistung, denn es ist bekannt, dass chromosomale Fehlverteilungen während der Befruchtung und der Reifeteilung der Eizellen häufig sind. Es liegt daher nahe, die Embryonen genetisch zu untersuchen und darauf zu schauen, ob sie einen normalen Chromosomensatz aufweisen. Dazu werden meist 2 Zellen eines 8-zelligen Embryos biopsiert und die Chromosomen „durchgezählt“ (Aneuploidie-Screening).

Kritikpunkt dabei ist, dass mit den gegenwärtig verwendeten Techniken nicht alle Chromosomen untersucht werden können und außerdem vernachlässigt wird, dass man nicht den Embryo untersucht, sondern den Versucht unternimmt, aus den Ergebnissen zweier einzelner Zellen (ein Horror für jeden Genetiker) auf das Erbgut des ganzen Embryos zu schließen. Was zu Fehlbeurteilungen führen kann, wie Kritiker der Methode anmerken, da nicht unbedingt alle Zellen des Keimlings einen identischen Chromosomensatz aufweisen (Mosaike) und die Fähigkeit zur Selbstheilung vernachlässigt wird.

Durch diese Phänomene und die nicht gerade gewaltfreie Biopsie erklären sich manche Wissenschaftler die eher bescheidenen Ergebnisse nach dem genetischem Screening von Embryonen. Es wird sogar über schlechtere Erfolgsraten als ohne PID berichtet.

Die Pläne für eine große prospektive Studie zu diesem Thema sind zwar in der Pipeline, jedoch werden die Ergebnisse noch länger auf sich warten lassen und möglicherweise durch neue Techniken (Chiptechnik) verzögert, da es sinnvoll wäre, diese in die Bewertung der PID einfließen zu lassen.

Solange kann man sich lediglich auf bereits vorhandene Studien stützen und diese in einer „Metaanalyse“ zusammenfassen, wie in einer aktuellen Publikation eine spanischen Arbeitsgruppe. Die Wissenschaftler fanden zu diesem Thema 10 prospektive und randomisierte Studien, in der die Ergebnisse der Behandlung von 1512 Frauen eingingen. Die Schwangerschaftsraten erreichten mit der PID durchschnittlich lediglich drei Viertel dessen, was ohne diese zusätzliche Diagnostik erreicht wurde (Konfidenzintervall 0,62-0,87), das gleiche galt für die ausgetragenen Schwangerschaften (Konfidenzintervall 0.64-0.91). Die Beweiskraft (ich vermeide gerne die auch ins Deutsche eingezogene Pseudoübersetzung „Evidenz“) dieser Metaanalyse wird von den Autoren der Studie als mäßig beschrieben, auch erkennbar an den recht breiten Konfidenzintervallen. Dennoch ist die Schlussfolgerung eindeutig: Das Screening auf chromosomale Fehler der Embryonen (Aneuploidie-Screening) ist nicht geeignet, die Erfolgsraten signifikant zu verbessern, im Gegenteil kann man einen negativen Einfluss nicht ausschließen, so dass die PID im alltäglichen Routineeinsatz unter den aktuell gegebenen Voraussetzungen nichts verloren hat. Weniger salopp formuliert: „The use of preimplantation genetic screening in daily practice does not appear to be justified.

Checa MA, Alonso-Coello P, Solà I, Robles A, Carreras R, Balasch J
IVF/ICSI with or without preimplantation genetic screening for aneuploidy in couples without genetic disorders: a systematic review and meta-analysis.
J Assist Reprod Genet. 2009 May;26(5):273-83. Epub 2009 Jul 24


Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über zahlreiche andere Foren von wunschkinder.net.
Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.
Das könnte Sie auch interessieren
Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

8 Kommentare
  1. reaba
    reaba schreibt

    diese fakten waren ja an sich schon bekannt – PID im routineeinsatz würde keinen vorteil für die breite masse der paare bringen.
    dass es im einzelfall (und zur selektion von embryonen mit letal-krankhaften anlagen) sehr sinnvoll sein kann, ist aber auch unstrittig.

    wenn die genetiker schon so "untersuchungswütig" 😉 sind, warum dann nicht am komplexeren organismus des "embryonenwirts" ansetzen und dort gezielt auf einnistungshemminisse screenen..?
    metabolische geschehen, hormonelle geschehen, gerinnungsverändernde geschehen…alles, wenn genetisch schräg angelegt, nix was mutter und wachsendem kind gut tut.
    man würde, wäre ein screening dieser art diagnostisches basic, gleich 2 fliegen mit einer klappe schlagen…bei erkannten genetischen störungen der mutter, wäre prophylaxe, nicht nur in der schwangerschaft, wesentlich gezielter zu leisten und die einnistungs- und überlebenschancen des embryos wären deutlich verbessert. bisher sind dererlei erkenntnisse allerdings entweder zufallstreffer oder bereits reaktion auf aufgetretene störungen.
    finde ich nicht sonderlich medizinisch sinnvoll, die genetische analyse nur auf den embryo zu fokussieren, auch wenn es wie bereits gesagt, im einzelfall sehr vorteilhaft sein kann.

  2. Ich
    Ich schreibt

    1. Reaba hat Recht.
    2. Ich würde so machen:
    – Mutter + Vater (Blut) für Verschiedene genetische Ursachen (Gerinnungstörungen, Talasemie, etc.)
    – Vater – Spermie (seine Genen, ob er überhaupt fähig ist und so)
    – Mutter – Eizelle (ihre Genen, ob sie fäig ist)
    Embryo – mit PID, in notwändige Fälle (für Mutter und genetische Krankheiten die das Kind bekommen kann)

  3. BL68
    BL68 schreibt

    Ich weiss nicht, warum die genetische Diagnostik immer so hochgejubelt wird. Man hat ja schon fast das Gefühl, eine Diagnostik ist nur dann was wert, wenn sie genetisch erfolgt ist.
    Rebea möchte metabolische geschehen, hormonelle geschehen, gerinnungsverändernde geschehen…routinemäßig untersucht wissen. Wunderbar, wenn es sich um aussagekräftige Dinge handelt – aber wieso genetisch diagnostiziert? Meines Wissens kann man diese Dinge viel aussagekräftiger mit "stinknormalen" biochemischen Analysen abklären, wobei gleich die erworbenen Störungen mit erfasst werden.
    Was Ich vorschwebt ist mir komplett schleierhaft. Wieso um alles in der Welt sollte man Thalassämie bei unerfülltem Kinderwunsch abklären? Und selbst wenn: wieso genetisch? Hämoglobin-Elektrophorese ist doch viel einfacher. Und welche Gene man an Spermien und Eizellen untersuchen soll, ob sie (zeugungs?)fähig sind, kann ich mir auch nicht vorstellen.
    Könnt ihr mich da mit konkreten Beispielen aufklären?

  4. reaba
    reaba schreibt

    @ BL68

    meinst du nicht, dass die herangehensweise vor einer KB bei einer person mit "besten" anlagen zu diabetes melitus II und gefäßveränderungen aufgrund von genetischen störungen anders sein sollte, als bei jemandem, der davon nicht betroffen ist..?
    es gibst störungen in der zusammensetzung des blutplasmas, die sich kaum in feld-wald-wiesen laborparametern niederschlagen..wie auch..?
    warum gibt es wohl spezialisierte endokrinologen und hämostasiologen(die selbstverständlich auch mit genetischem nachweis arbeiten)..? weil jeder hausarzt umme ecke das auch könnte..??
    so wie es gründe für z.b. serielle aborte gibt (meistens deckungsgleich mit seriellem einnistungsversagen), so kann man nicht davon ausgehen, dass laborchemische parameter (möglichst auch noch mit grenzwerten, die um die vorletzte jahrhundertwende festgelegt wurden) aufschlussreich für die diagnose fertilitätsoptimierender maßnahmen sein könnten.

    würde ich in dem job arbeiten, dann würde ich patienten schon auf die gängigsten metabolischen und gerinnungsmäßigen störungen screenen, denn die so hochgepriesenen "einfachen" laboruntersuchungen können oft im "normbereich" liegen und trotzdem klappt es mit der einnistung nicht…warum nur?!

    zu allerletzt: GKVversicherte menschen bekommen bestimmte medikamente z.b. als substitution für den erhalt einer bereits eingetretenen schwangerschaft nur auf kassenrezept verschrieben, wenn der nachweis für die störung manifest, sprich genetisch belegt ist, zu mindest dort, wo direkte rückschlüsse von genetischer auffälligkeit auf krankheit bisher bewiesen sind.

    was ich meint, ist mir auch ein wenig schleierhaft. das ist aber hier a) ein fortlaufendes theme und b) ihr ist zu gute zu halten, dass sie nicht muttersprachlerin ist.

  5. Ich
    Ich schreibt

    Nur mal um etwas klar zu stellen.
    Unter "genetisch" versteht man (odr zu mindest ich) alle Untersuchungen die ein Genetiker (Arzt der in Genetik spezialisiert ist) macht, also Blut, Chromosomen in Eizelle und Spermie usw.
    Ich habe keine Untersuchung ausgeschlossen, sagte nur man müßte wenigstens vor KB zu ein Genetiker gehen.
    Ja,Thalasemie und Blutgerinnungstörungen, u.a findet man in Blutproben.
    Was ich meinte: viele genetische (und chromosomiale) Krankheiten führen auch zu Unfruchtbarkeit, bzw. Fehlgeburte.

    Und so wie auch Reaba sagt, bevor man teure KB und Op’s (BS) um sonst macht, kann/sollte man mögliche genetische Untersuchungen machen (um solche Ursachen auszuschließen).

    Genetische Untersuchung ist auch wichtig um zu wissen was man so dem Kind übertragen und zumuten kann (auch wenn man selber "gesund" ist, oder nur von eine Uroma, oder Tante kommt).
    Und nur so z.B – wenn zwei Eltern nur minor thalasemisch sind, bekommt das Kind (25%) eine tödliche Thalasiemie. Oft weiß man ja auch gar nicht dass man sie trägt.

  6. BL68
    BL68 schreibt

    Nur zum besseren Verständnis: ich bin FÄ für Humangenetik. Und "stinknormal" war im Zusammenhang mit biochemischen Analysen auch offenbar missverständlich ausgedrückt – ich meine Analysen, die eben nicht auf Untersuchung der Gensequenz beruhen. Was nicht heisst, dass man sich nicht gut auskennen muss, um die für den Einzelfall aussagekräftigen Analysen zu kennen und anzufordern.

    Ich bezweifele, dass man beim derzeitigen Kenntnisstand über genetische Zusammenhänge die Mehrzahl der Einnistungsstörungen aufdecken kann, egal was man untersucht.
    Bei Gerinnungsstörungen stört es mich, wenn man meint mit einer Handvoll genetischer Varianten den absoluten Goldstandard der Diagnostik erreicht zu haben, wo doch Gerinnungsstörungen häufig auch erworben sein können. Wieso ist es z.B. wichtig, ob ein erhöhter Homocysteinwert auf einem genetischen MTHFR-Polymorphismus oder auf der Lebensweise oder auf dritten, noch unerforschten Gründen beruht. Er muss erkannt und behandelt werden, DAS ist wichtig. Und ich brauche keine genetische Analyse des MTHFR, wenn der Homocysteinwert normal ist (und aus meiner Sicht auch nicht, wenn er erhöht ist, solange ich weiss, wie ich ihn behandeln muss).

    Rebea, welches Gen möchtest du für eine Anlage zu Diabetes mellitus Typ II testen?

  7. reaba
    reaba schreibt

    @ BL68

    ist ja interessant, was du da schreibst :-D.
    also ich bin krankenschwester.
    mein HCY war im alten normbereich bei so 12,xx – nach biochemischer schwangerschaft wurde ich dann doch erst mit heparin und anderen gerinnungsoptimierenden mittelchen schwanger, also dauerhaft bis zur entbindung.
    bei mir liegt trotzdem ein MTHFR-polymorphismus vor (C->T)…bei meiner lebendigen und verstorbenen verwandschaft stehen gefäßbedingte störungen im vordergrund, bzw. waren todesursächlich. man nimmt stark an, dass MTHFR nicht nur den HCYspiegel beeinflusst, sondern auch (direkt oder indirekt) einfluss auf die mehr oder weniger normative ausbildung von gefäßen hat – nicht unwichtig im vorgang der nidation, nicht unwichtig wenn man seinen lebensstil so optimieren will, dass man zuminset 75 wird (hat auf einer seite des stammbaums noch keiner geschafft).

    bei diab. mell. würde ich ja mal PAI1 testen…fieses ding, dass viele autoimmunler mit an bord haben.
    hat einfluss auf die gerinnung und die gefäße, aber wohl nicht nur das..
    autoimmunerkrankungen sind ohnehin ein gutes stichwort auf der suche nach einnistungsstörungen…wie du sicher weißt, sehr häufig genetisch nachweisbar und wirklich heftig lästig im entstehungsprozess einer gesunden schwangerschaft.

    da ich nicht weiß oder unzterstelle ob dich selbst das problem ungewollte kinderlosigkeit betrifft…gerade unter derzeitig ungünstiger finanzierungssituation für GKVler (immerhin 90% der versicherten in D sind GKV), fände ich ein bischen mehr engagierte genetische diagnostik schon hilfreich im kiwu-bereich.
    über zusätzlich entstehende kosten bin ich abrechnungstechnisch leider wenig informiert; persönlich kann ich nur sagen, dass, hätte man es mir seinerzeit angeboten und wäre ich darüber von ärztlicher seite nachhaltig und umfassend aufgeklärt worden, ich mir gern 5 versuche ohne gerinnungsoptimerung erspart hätte, gerne um den preis einer fundierten genetischen analyse auf eigene kosten.

    weißt du, mich stört ein bischen die haltung, dass man nach wie vor als depp oder freak gesehen wird, wenn man da über zusammenhängen des eigenen körpers gerne mehr kenntnis hätte.
    mittlerweile bekommt man in kiwu zentren wahrscheinlich fundiertere informationen über akupunktur und begleitenden homöopathie als über ein persönliches genetische risikoprofil als frau z.b. für gerinnungsstörungen.
    was bringt einen wohl eher um: die persönlichen genetischen risikofaktoren für abort oder schlaganfall etwas besser einschätzen zu können…oder irgendwann vor der statistisch "normalen zeit" bei apoplex und ggfs ständig beim abort zu erleben..??

    und bevor ich mich bei dem thema ungesunden RR-bereichen nähere, fahr ich jetzt mal in urlaub..danach können wir das gern fortsetzen 😉

  8. Babsi
    Babsi schreibt

    Klingt ja alles sehr theoretisch bei euch! Ich habe schon 2 Kinder und wünsche mir noch ein drittes. Meine Tochter ist 2 Jahre und 4 Monate, mein Sohn 6 Monate. Ich wurde bei beiden sehr schnell schwanger und hatte 2 problemlose Schwangerschaften, mein 3. Kind werde ich ohne PID nicht mehr bekommen.
    Als ich zu meiner Tochter schwanger war, ließen wir aus begründeten Verdacht bei meinem Freund und mir eine Genanalyse machen. Bei meinem Freund wurde ein Defekt festgestellt. Bei mir nicht.
    Als meine Tochter 14 Monate alt war, wurde die Stoffwechselerkrankung diagnostiziert. Sie greift langfristig alle Organe, Knochen usw. an. Ich war zu diesem Zeitpunkt 3 Tage über meine Periode und wusste, dass mein Sohn bereits am Weg war. In der 13. Woche wurde eine Chorionzottenbiopsie gemacht. Letzter Befund in der 20. Woche. Gott sei Dank gesund. In der Zwischenzeit war meiner Tochter eine Magensonde gesetzt worden. Davor musste ich ihr 7x tâglich bis zu100 ml Medikamenten verabreichen. Festhalten, zurücklegen, alles rein, warten bis sie schluckt! Auch nachts. Danach hat sie oft erbrochen. Für mich war das Mißhandlung. Ich habe oft mitgeweint! Ich bin ihre Mama, sie soll MIR vertrauen können.
    Für mich gibt es noch ein Kind nur mit PID.

Dies schließt sich in 0Sekunden