Hilft Metformin bei PCO und IVF?

Verbessert die Gabe von Metformin die Erfolgsraten einer IVF, wenn ein PCO-Syndrom vorliegt?


Hilft Metformin bei PCO und IVF? Metformin wird zur Behandlung der Insulinresistenz eingesetzt. Aber auch bei Frauen mit speziellen Störungen des Hormonstoffwechsels ist Metformin oft hilfreich. Insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten PCO-Syndrom hat dieses Medikament seit einigen Jahren ein neues Einsatzgebiet. Bei Frauen mit einem PCO-Syndrom liegt auch häufig eine Insulinresistenz vor und die Gabe von Metformin kann hier die gestörte Eizellreifung normalisieren.

Viele Eizellen = schlechte Qualität?

Die Chancen auf eine Schwangerschaft nach einer künstlichen Befruchtung können bei Vorliegen eines PCO-Syndroms vermindert sein. Oft ist eine Insulinresistenz mit dem PCO-Syndrom vergesellschaftet. Die Überreaktion der Eierstöcke auf die Hormongaben gehen dabei oft mit einer Insulinresistenz einher. Es stellt sich daher die Frage, ob die Gabe von Metformin in diesen Fällen die Chancen verbessern kann.

Frauen mit einem solchen PCO-Syndrom reagieren auf Hormongaben eher sehr stark und bilden tendenziell viele Eizellen aus, um deren Qualität es aber nicht immer zum besten bestellt ist. Deswegen wurden bereits häufiger Versuche unternommen, diese negativen Aspekte des PCO im Rahmen einer IVF oder ICSI mit Hilfe von Metformingaben zu behandeln. Dabei verbessert sich jedoch offenbar nicht die Schwangerschaftsrate, sondern es führt lediglich zu einer Verminderung der beim PCO vergleichsweise häufigen Überstimulationssyndrome.

Studienlage zu Metformin bei PCO und IVF

2009 wurde erstmals eine Übersichtsarbeitzu diesem Thema in der sogenannten Cochrane Database veröffentlicht1)Tso LO, Costello MF, Albuquerque LE, Andriolo RB, Freitas V.
Metformin treatment before and during IVF or ICSI in women with polycystic ovary syndrome.
Cochrane Database Syst Rev. 2009 Apr 15;(2):CD006105.
, die sehr strenge Anforderungen an die Beweiskraft von medizinischen Studien stellt. Es sollten also bereits veröffentlichte Studien gefunden werden, bei denen die Wirkung von Metformin bei PCO-Syndrom im Rahmen von IVF und ICSI-Behandlungen gemäß den strengen Cochrane-Kriterien untersucht wurde.

Die Ergebnisse von damals lassen sich schnell zu zusammenfassen. Für Statistik-Experten in Klammern die Odds-Ratio und Konfidenzintervall:

  • Die Lebendgeburtenrate war statistisch nicht signifikant erhöht (0,77 ( 95% CI 0,27 bis 2,18))
  • Ebenso wenig die Schwangerschaftsrate (0,71 (95% CI 0,39 bis 1,28))
  • Der Anteil an Frauen, die ein Überstimulationssyndrom erlitten, war jedoch signifikant vermindert (0,27, 95% CI 0,16 bis 0,47))

So richtig aussagekräftig war das Ergebnis damals jedoch nicht, da nur 5 brauchbare Studien ausgewertet werden konnten. Hat sich das inzwischen verbessert?

Neue Ergebnisse von 2020

Nun ist keine Erkenntnis in der Wissenschaft von Dauer, weshalb die gleichen Autoren sich nun erneut die Mühe machten2)Tso, L. O., Costello, M. F., Albuquerque, L. E. T., Andriolo, R. B., & Macedo, C. R. (2020). Metformin treatment before and during IVF or ICSI in women with polycystic ovary syndrome. Cochrane Database of Systematic Reviews, (12). und auch aktuellere Studien in ihre Übersicht mit einbezogen.

Es wurden erneut Studien zu dem Thema zusammengefasst, die eine ausreichende Beweiskraft haben. Einbezogen wurde Studien mit Frauen, die ein PCO-Syndrom mit den üblichen Zyklusstörungen hatten und sich einer IVF oder ICSI unterziehen mussten.

Hilft Metformin bei PCO und IVF?

Um es gleich vorweg zu sagen: Klarheit besteht auch 11 Jahre nach der ersten Studie nicht. Aber immerhin gibt es inzwischen mehr brauchbare Studien. In 13 Studien wurden 1132 Frauen untersucht, die Metformin bei PCO und IVF bekamen. Die Hälfte bekam natürlich ein Placebo, da es sich um kontrollierte Studien handelte.

Lebendgeburtenrate

Die Zahl der lebend geborenen Kinder ist ja der wichtigste Parameter bei Studien zur Kinderwunschbehandlung. Auf den ersten Blick  sind die Zahlen erfreulich. Im langen Protokoll: Fast 30% mehr Kinder wurden geboren, wenn Metformin angewendet wurde. Allerdings ist das Konfidenzintervalls sehr groß (0,94 bis 1,79). Was bedeutet das? Es bedeutet, dass für die Annahme, dass wenn die Geburtenrate bei den Frauen ohne Metformin bei 28% pro Zyklus lag, dieser Wert bei den Frauen mit Metformin zwischen 27% und 51% liegt. Die Ergebnisse mit Metformin sind nicht schlechter, soviel lässt sich sagen. Jedoch kann man nicht sicher sein, ob Metformin die Erfolgsraten signifikant verbessert.

Ebenso wenig lässt sich sicher sagen, ob die Chancen mit Metformin im Antagonistenprotokoll tatsächlich geringer sind, wie es ein Studie mit 153 Frauen nahelegen könnte.

Schwangerschaftsrate

Da die Zahl der Lebendgeburten natürlich auch von der Zahl der zunächst erzielten Schwangerschaften abhängt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Ergebnisse in Bezug auf einen positiven Schwangerschaftstest ähnliche Zusammenhänge aufweisen wie bei der Lebendgeburtenrate. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass es auch keine wesentlichen Unterschiede bei der Zahl der Fehlgeburten gibt.

Fehlgeburten

Und in der Tat zeigt sich kein signifikanter Unterschied bei der Zahl der Fehlgeburten. Diese treten unabhängig von der Einnahme des Metformin auf.

Überstimulationssyndrom

Schon 2009 zeigte sich ein positiver Effekt beim Überstimulationssyndrom. Dieser kann nun erneut bestätigt werden. Bei den Frauen, die das Metformin bekamen, konnte die Zahl der Überstimulationen um die Hälfte reduziert werden. Oder korrekter formuliert: Nimmt man für eine Frau ohne Metformin Risiko für ein Überstimulationssyndrom von 20% an, dann reduziert man durch die Gabe von Metformin auf 6-14%.

Ergebnisse

Es bleibt also bei den weiter oben bereits erwähnten Ergebnissen aus 2009:

  • Die Lebendgeburtenrate war statistisch nicht signifikant erhöht (geringfügig beim „langen Protokoll“)
  • Ebenso wenig die Schwangerschaftsrate (geringfügig beim „langen Protokoll“)
  • Der Anteil an Frauen, die ein Überstimulationssyndrom erlitten, war jedoch signifikant vermindert
  • Die Rate an Fehlgeburten ließ sich vom Metformin nicht signifikant beeinflussen

All diese Ergebnisse sind statistisch von „niedriger Qualität“. Dennoch ist es das Beste, was wir zur Beantwortung der Frage „Hilft Metformin bei PCO und IVF?“ zur Verfügung haben. Die unterschiedlichen Ergebnisse bei den Stimulationsprotokollen ist am ehesten durch die geringe Zahl an Frauen zu erklären,die das Antagonistenprotokoll erhielten. Zur Vermeidung eines Überstimulationssyndroms ist sicherlich eine angemessen individuelle Dosierung der Hormongaben besser als die Gabe von Metformin. Aber einen Versuch scheint es wert zu sein.

Aber etwas despektierlich kann man die Studie auch in einem Satz zusammenfassen: Man macht sicherlich nichts falsch , wenn man beim PCO-Syndrom eine künstlichen Befruchtung nicht mit Metformin begleitet.

Dieser Artikel erschien erstmal 2009 und wurde unter Berücksichtigung neuerer Studien am 12.1.2021aktualisiert

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Literatur

Literatur
1 Tso LO, Costello MF, Albuquerque LE, Andriolo RB, Freitas V.
Metformin treatment before and during IVF or ICSI in women with polycystic ovary syndrome.
Cochrane Database Syst Rev. 2009 Apr 15;(2):CD006105.
2 Tso, L. O., Costello, M. F., Albuquerque, L. E. T., Andriolo, R. B., & Macedo, C. R. (2020). Metformin treatment before and during IVF or ICSI in women with polycystic ovary syndrome. Cochrane Database of Systematic Reviews, (12).
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