Hilft Kortison bei der Einnistung?
Die weithin unbekannte Komponente bei der Kinderwunschbehandlung ist die Einnistung. Wenn wiederholt gute Embryonen nicht zu einer Schwangerschaft führen, dann ist man schnell dabei, von einer Einnistungsstörung zu sprechen. Ob nun wirklich eine solche vorliegt und wovon sie abhängt ist genauso unklar wie die Möglichkeiten, sie positiv zu beeinflussen.
Hat man Gerinnungsstörungen feststellen können oder anatomische Ursachen, dann ist eine gezielte Therapie möglich. Oft ist jedoch auch eine weitgehende Diagnostik nicht in der Lage, die Gründe für das Ausbleiben einer Schwangerschaft zu klären.
Dem daraus entstehenden Handlungsbedarf wird dann oft nachgegeben, indem unspezifische, also ungezielte Therapien durchgeführt werden. Mit anderen Worten und um einen bildhaftenvergleich aus der Jagd zu bemühen: Man hat kein Reh direkt vor der Flinte, sondern man schießt einfach in den Wald und hofft, dass man zufällig eines trifft.
Die Gabe von Kortison ist eine solche Therapie, die recht oft und meist unspezifisch zum Einsatz kommt. Sie schadet kaum und aufgrund des geringen Nebenwirkungsprofils ist auch der ungezielte Einsatz durchaus zu rechtfertigen. Hilft sie aber?
Eine gerade erschienen Übersichtsarbeit analysierte eine Vielzahl von Studien, in denen die Wirkung von Kortison überprüft wurde. Hier zeigte sich, dass die routinemäßige Anwendung ohne eine passende Diagnose bei einer ICSI keinen positiven Effekt hat. In kleineren Untergruppen von Patienten, die sich einer IVF unterzogen kam es zu einem Anstieg der Schwangerschaftsraten, welcher jedoch nicht statistisch signifikant war.
Naheliegend und recht erfreulich war jedoch die Wirkung, wenn eine Patientin Autoantikörper aufwies und zwar unabhängig von der Art der Antikörper. Nimmt man die Antikörper als Zeichen eines überaktiven Immunssystems und dieses widerum als Ursache für eine Einnistungsstörung, dann kann die allgemeine Dämpfung der Körperabwehr offenbar die Schwangerschaftsraten verbessern. Auch wenn man mit einer solchen Behandlung die Konzentration der Antikörper im Blut senkt, so ist dies vermutlich nicht der Grund für den positiven Effekt auf die Einnistung, denn die Antikörper selbst müssen den Einnistungsprozess nicht stören, wie es bei Schilddrüsenantikörpern oder solchen aus dem rheumatischen Krankheitsbildern bekannt ist. Es ist die Dämpfung der Tendenz zur Überreaktion des Immunsystems, welches sich in den Antikörpern widerspiegelt und nicht die Senkung des Symptoms, also der Antikörper selbst, welches die Schwangerschaftsraten verbessert.
Um es klar zu sagen: Bewiesen ist nichts und die Autoren der Übersichtsstudie sehen daher Grund zu weiteren und größeren Studien, um den Effekt der Kortisontherapie abzuklären und vor allem, um die Patientengruppen zu isolieren, die von einer solchen Behandlung profitieren.
Persönlich sehe ich eine solche „empirische Therapie“ (= Versuch macht kluch) bei Frauen mit wiederholt ausgebliebenen Einnistungen und Autoimmunerkrankungen als gerechtfertigt an. Dabei konkret zu nennen ist die sehr häufige Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Hashimoto).
Boomsma CM, Macklon NS
Does glucocorticoid therapy in the peri-implantation period have an impact on IVF outcomes?
Curr Opin Obstet Gynecol. 2008 Jun;20(3):249-56.
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schlüssige grundlage zum einsatz von kortison.
2 fragen in dem zusammenhang:
hashimoto und rheuma werden medis wie kortison ja ohnehin therapeutisch zugeordnet; was ist aber mit den AK-produzierenden chronischen erkrankungen, die das auch machen könnten, es bisher aber nicht fest als therapie-medi zugeordnet ist…denke da an endometriose, fibromyalgie, chron. entzündliche dauerinfektionen wie borreliose, EBV, chlamydien….wäre das da auch einen schrotschuss wert?
andere frage: was macht kortison mit heranreifenden eizellen (natürlich oder stimuliert)…gibt es da vorteile/nachteile/welchselwirkungen..?
Ich wäre bei solchen Erkrankungen auch großzügig, wobei man dies bei den Infektionen zurückhaltend machen sollte, da es natürlich auch die Immunabwehr senkt
Ich kann nur folgendes Schreiben:
11 Transfere mit Top-Embryonen alle negativ.
Der 12.Versuch mit Kortison : POSITIV.
Ich hatte eigentlich "nur" erhöhte Natürliche Killerzellen, wo kein Mensch weiß wo die herkommen…mit dem Cortison konnten diese gesenkt werden und es hat BEI MIR geklappt.
Gruß Cuba
Hab jetzt bei der 4. ICSI nach Feststellung von Hashimoto Cortison genommen. Und was soll ich sagen? Positiv…
Danke! Hatte schon oft gequengelt, daß ich (mit Hashimoto) gerne einen Versuch mit Kortison haben möchte. Dieser Beitrag schiebt mich regelrecht an für die nächste H-IVF (14.Transfer), bei der erstmals "zum Ausprobieren" Kortison gegeben wird. Vielleicht treffe ich diesmal das Reh.
Gruß Tini
@tiniS.: Waidmannsheil! 😉
Nach sieben erfolglosen ICSI-Versuchen mit Super-Embryonen und der aktuellen Blutdiagnose 30 % NK-Zellen (wahrscheinlich aufgrund einer seit Jahren zurückliegenden Chlamydieninfektion, Chlamydien-Antikörper immer noch reichlich vorhanden) wurde ich mit 20-30 mg Prednisolon vor und über den Zeitraum der ICSI-Behandlung behandelt.
Und nun hatte ich gestern den ersten positiven SST meines Lebens in den Händen.
Ach du dickes Reh! Ich hab dich getroffen!!!
hab jetzt auch eine Cortisonempfehlung für die nächste Stimulation, Indikation ähnlich der obigen Patientinnen. Wie lange nach einem positiven Test sollte man die Gabe fortsetzen?
Vielen Dank!
@johanna: Das wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Ich persönlich gebe es in Abhängigkeit vom Grund der Gabe meits bis zur 12. Schwangerschaftswoche, aber das kann wirklich nur Ihr Arzt entscheiden
Frage an den Doc:
Was sollte man als schwerer pollenallergiker tun. Ist das nicht auch Hinweis auf ein überaktives Immunsystem? Also auch da cortison?
[…] hatten wir hier anlässlich eines Artikels aus dem Jahre 2008 hier als Zusammenfassung präsentiert und diese Schlussfolgerung ist immer noch gültig. Die Behandlung wiederholter Fehlgeburten […]