ERA-Test zur Verbesserung der Einnistung

Verbessert die ERA-Diagnostik die Schwangerschaftsraten?


Bleibt  die Einnistung des Embryos nach einer IVF oder ICSI wiederholt aus, wird nach Einnistungsstörungen gesucht. Dabei kommt zunehmend auch der der „Endometrial receptivity array“ zu Einsatz (ERA-Test).

Ziel der ERA-Diagnostik

 

Das Zusammenspiel von Gebärmutterschleimhaut und Embryo ist bei der Einnistung von vielen Faktoren beeinflusst. Vieles hängt vom Immunsystem und der Blutgerinnung ab. Ein anderer Ansatz beschäftigt  sich mit der Synchronisierung zwischen der Entwicklung des Embryos und der Schleimhaut.

Man geht davon aus, dass der Zeitraum, in dem die Einnistung in der Gebärmutter möglich ist („Implantationsfenster“) recht kurz ist. Ebenso scheint die Einnistungsfähigkeit des Embryos zeitlich limitiert zu sein. Um diese Zeiträume optimal zur Deckung zu bringen, raten die Hersteller des ERA-Tests dazu, mit Hilfe ihres Tests das Implantationsfenster zu bestimmen und die Embryonen dann zum optimalen Zeitpunkt in die Gebärmutter zu geben.

Für wen ist der ERA-Test geeignet?

Bislang sind die Ergebnisse des „Endometrial receptivity array“ nur für die Behandlung im Kryozyklus gültig. Und hier vor allen für jene Zyklen, bei denen der Schleimhaut die zum Aufbau notwendigen Östrogene von außen (also als Tabletten, Pflaster oder Gel) zugeführt werden. Was neuesten Studien zufolge nicht unbedingt die beste Vorbereitung für einen Kryozyklus ist1)Singh, B., Reschke, L., Segars, J., & Baker, V. L. (2020). Frozen-thawed embryo transfer: the potential importance of the corpus luteum in preventing obstetrical complications. Fertility and sterility113(2), 252-257.,2)Xu, J., Zhou, H., Zhou, T., Guo, Y., Liang, S., Jia, Y., Teng, X. (2022). The impact of different endometrial preparation protocols on obstetric and neonatal complications in frozen-thawed embryo transfer: a retrospective cohort study of 3,458 singleton deliveries. Reproductive Biology and Endocrinology20(1), 1-10.

Für die Anwendung des ERA-Tests im Punktionszyklus („frischer Zyklus“, also kein Kryotransfer) liegen gegenwärtig noch keine ausreichenden Daten vor.

Wie funktioniert die ERA-Diagnostik?

Der Hersteller des ERA-Test, IVIOMICS, hat insgesamt 238 Gene identifiziert, die die Empfängnisbereitschaft (Rezeptivität) der Gebärmutterschleimhaut beeinflussen können. Je nach Zeitpunkt der Ausprägung dieser Gene in den Zellen der Schleimhaut wird diese dann als „prärezeptiv, rezeptiv oder postrezeptiv“ eingeschätzt. Also „noch nicht empfängnisbereit, empfängnisbereit oder nicht mehr empfängnisbereit“. Entsprechend dieser Ergebnisse wird dann der Zeitpunkt des Embryotransfers angepasst, der Abstand zwischen dem Beginn der Gabe von Progesteron (Gelbkörperhormon) und Transfer wird dann ggf. entsprechend verändert.

Der Zyklus, in der man die ERA-Diagnostik durchführt, sollte genauso verlaufen wie der geplante Kryozyklus, also meist im Östrogen- und Progesteronzyklus.

Das Ergebnis der Biopsie gilt für die nächsten 20 Monate, sagt der Hersteller, man muss den ERA-Test also nicht ständig wiederholen. Was sehr erfreulich ist, da er gut 1000 Euro kostet.

Die Biopsie selbst ist sehr unproblematisch und verläuft so ähnlich wie das Scratching. Mit einem kleinen Katheter geht man in die Gebärmutterhöhle ein und mit ein wenig Unterdruck saugt man etwas Schleimhaut heraus. Dazu benötigt man keine Betäubung und die Risiken sind überschaubar. Nun aber zur wichtigsten Frage: Hält der ERA-Test, was er verspricht?

Schon länger war ein Kritikpunkt an der Methode, dass die Idee zwar überzeugend ist, aber die Zahl der gut gemachten Studien recht übersichtlich. Auch, dass es nur wenige herstellerunabhängige Studien gab, war Anlass zur Kritik. Kürzlich sind nun aber zwei Studien erschienen, die sich in größerem Umfang mit der Aussagekraft der ERA-Diagnostik beschäftigen.

Übersichtsstudie der bereits vorhandenen Studien

Ende 2022 erschien eine Übersichtsstudie, welche die Ergebnisse von 8 Studien zur ERA-Diagnostik zusammenfasste3)Arian, S. E., Hessami, K., Khatibi, A., To, A. K., Shamshirsaz, A. A., & Gibbons, W. (2022). Endometrial receptivity array before frozen embryo transfer cycles: a systematic review and meta-analysis. Fertility and Sterility.. In diesen 8 Studien sind die Untersuchungsergebnisse von 831 Frauen enthalten und wurden mit 1.953 Fällen verglichen, die ohne den ERA-Test behandelt wurden. Nur eine Studie war eine randomisierte und kontrollierte Studie, die übrigen waren retrospektive Auswertungen u. ä.

Die Ergebnisse waren nicht überzeugend. Mit der ERA Diagnostik war die Schwangerschaftsrate 42,2% pro Transfer und ohne lag dieser Wert bei 37,8%. Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant (Also durch Zufall genauso gut zu erklären, wie durch den Einfluss des ERA-Tests). Weder die Schwangerschaftsrate noch die Zahl der Fehlgeburten oder Lebendgeburten unterschied sich in den beiden Gruppen wesentlich. Nun sollte der ERA-Test aber vor allem bei Paaren ≥ 2 Behandlungen ohne Erfolg in der Vorgeschichte von Vorteil sein. Aber auch die Analyse der Daten für diese Untergruppen zeigte keinen Vorteil für die Anwendung des Endometrial receptivity array. Die Autoren äußerten zum Schluss den Wunsch nach kontrollierten Studien zu diesem Thema. Der Wunsch wurde sogleich erhört:

Kontrollierte und randomisierte Studie kommt zum gleichen Ergebnis

Was bislang fehlte, war eine prospektive, kontrollierte und randomisierte Studie. Auch eine solche ist nun Ende des Jahres erschienen4)Doyle, N., Jahandideh, S., Hill, M. J., Widra, E. A., Levy, M., & Devine, K. (2022). Effect of Timing by Endometrial Receptivity Testing vs Standard Timing of Frozen Embryo Transfer on Live Birth in Patients Undergoing In Vitro Fertilization: A Randomized Clinical Trial. JAMA328(21), 2117-2125..

In dieser Studie wurden insgesamt 767 Patientinnen entweder mit (381) oder ohne (386) ERA-Diagnostik behandelt. Alle bekamen einen Kryotransfer mit genetisch voruntersuchten Embryonen (euploid = normale Chromosomenzahl). Und wie in der anderen Studie unterschieden sich die Lebendgeburtenrate in der ERA-Gruppen und der Kontrolle (58,5 bzw. 61,9%) nicht voneinander. Bei jenen Frauen, bei denen das Implantationsfenster verschoben werden musste, traten sogar häufiger Fehlgeburten auf.

Allerdings: Bevor man nun den Stab über den ERA-Test bricht, muss man darauf hinweisen, dass in dieser Studie Frauen mit mehr als 2 erfolglosen IVF-Behandlungen nicht aufgenommen wurden. Und das sind ja nun gerade jene, denen man immer mal wieder die ERA-Diagnostik empfiehlt.

Zusammenfassung

Der ERA-Test darf aufgrund dieser Ergebnisse nicht als Routinediagnostik vor einem Kryotransfer empfohlen werden. Bei Paaren ohne oder einer geringen Zahl an erfolglosen Behandlungen in der Vorgeschichte kann dies aufgrund der zweiten Studie als belegt gelten.

Die erste Studie lässt zwar noch hoffen, dass der ERA-Test zumindest bei den Paaren mit einer längeren Vorgeschichte ohne Erfolg hilfreich sein könnte. Aber Belege dafür finden sich in den bislang veröffentlichten Studien nicht.

Das Konzept der ERA-Diagnostik ist zwar auf den ersten Blick verheißungsvoll. Aufgrund der aktuellen Studienergebnisse ist der ERA-Test jedoch bei unselektierten Patienten („einfach so, ohne Auswahlkriterien“) nicht anzuraten. Und ein Beleg für die Vorteile der Diagnostik bei  Paaren mit ≥ 2 Behandlungen ohne Erfolg fehlt ebenso.

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Literatur

Literatur
1 Singh, B., Reschke, L., Segars, J., & Baker, V. L. (2020). Frozen-thawed embryo transfer: the potential importance of the corpus luteum in preventing obstetrical complications. Fertility and sterility113(2), 252-257.
2 Xu, J., Zhou, H., Zhou, T., Guo, Y., Liang, S., Jia, Y., Teng, X. (2022). The impact of different endometrial preparation protocols on obstetric and neonatal complications in frozen-thawed embryo transfer: a retrospective cohort study of 3,458 singleton deliveries. Reproductive Biology and Endocrinology20(1), 1-10
3 Arian, S. E., Hessami, K., Khatibi, A., To, A. K., Shamshirsaz, A. A., & Gibbons, W. (2022). Endometrial receptivity array before frozen embryo transfer cycles: a systematic review and meta-analysis. Fertility and Sterility.
4 Doyle, N., Jahandideh, S., Hill, M. J., Widra, E. A., Levy, M., & Devine, K. (2022). Effect of Timing by Endometrial Receptivity Testing vs Standard Timing of Frozen Embryo Transfer on Live Birth in Patients Undergoing In Vitro Fertilization: A Randomized Clinical Trial. JAMA328(21), 2117-2125.
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