Endometritis: Entzündung der Gebärmutter verhindert Schwangerschaft
Eine chronische Entzündung der Gebärmutterschleimhaut kann den Erfolg einer künstlichen Befruchtung beeinträchtigen
Endometritis nennt man eine – meist chronische – Entzündung der Gebärmutterschleimhaut. Sie kann den Erfolg einer künstlichen Befruchtung beeinträchtigen und Fehlgeburten begünstigen.
Immer wieder stellt sich die Frage, warum sich trotz bester Voraussetzungen (z. B. gute Embryonenqualität) im Rahmen einer künstlichen Befruchtung bei manchen Frauen keine Einnistung einstellen möchte. Oder warum diese zwar zunächst stattfindet, aber in einer Fehlgeburt endet. Grundsätzlich kann es zwar auch Schicksal sein und keine Gründe haben, andererseits finden sich immer wieder auch neue Faktoren, mit deren Behandlung man die Chancen verbessern kann. Dazu gehört die Endometritis, die chronische Entzündung der Gebärmutterschleimhaut.
Endometritis als Ursache für Implantationsversagen und Fehlgeburt
Dass die Einnistung eines Embryos durch eine Entzündung der Gebärmutter gestört sein kann, liegt nahe und wurde in den letzten Jahren auch in Studien belegt. Hier ist jedoch die richtige Diagnostik wichtig. Führt man nur eine Gebärmutterspiegelung durch – schaut also in die Gebärmutterhöhle hinein – kann man alleine durch die Inaugenscheinnahme eine Endometritis nicht sicher festgestellten oder ausschließen.
Mikrobiologische Abstriche erhöhen zwar die Aussage, sind aber ebenfalls nicht zuverlässig genug, wenn es darum geht, eine Entzündung der Gebärmutterhöhle auszuschließen. Und wer meint, dass man eine Entzündung der Gebärmutter doch bemerken müsse, der hat recht. Jedoch gilt das nur für eine akute Entzündung, nicht für eine chronische, die bereits über Jahre ohne Symptome vorhanden sein kann.
Kann man die Entzündung bei der Gebärmutterspiegelung erkennen?
Es gibt in der Tat einige Hinweise auf eine Entzündung, die häufiger auftreten. In einer Studie aus dem Jahre 20191)Song, D., Li, T. C., Zhang, Y., Feng, X., Xia, E., Huang, X., & Xiao, Y. (2019). Correlation between hysteroscopy findings and chronic endometritis. Fertility and sterility, 111(4), 772-779. wurden die häufigsten Befunde genannt, die bei einer auffälligen Biopsie – also gesicherten Entzündung (siehe nächste Überschrift) auftreten konnten.
- 52% zeigten eine anormal starke Durchblutung mit Rötung der Schleimhaut
- 8,4% wiesen ein Ödem auf, also Wassereinlagerungen in der Schleimhaut
- und kleine Polypen fand man bei etwas mehr als 3% der Frauen mit einer später gesicherten Entzündung der Gebärmutterschleimhaut.
Zählt man die ganzen Symptome zusammen, dann findet man bei maximal zwei Drittel der Frauen mit einer chronischen Endometritis eine optisch erkennbare Veränderung der Gebärmutterhöhle. Daher wird man eine Entzündung durch die Gebärmutterspiegelung alleine nicht ausschließen können.
Biopsie ist notwendig
Entnimmt man bei der Gebärmutterspiegelung eine Probe der Schleimhaut und untersucht diese mit speziellen Methoden, lassen sich einer Studie aus dem Jahre 2016 zufolge2)Bouet PE, El Hachem H, Monceau E, Gariépy G, Kadoch IJ, Sylvestre C
Chronic endometritis in women with recurrent pregnancy loss and recurrent https://www.wunschkinder.net/aktuell/glossary/implantation/">Weiterlesen</a><p></div>" href="https://www.wunschkinder.net/aktuell/glossary/implantation/" target="_blank">implantation failure: prevalence and role of office hysteroscopy and immunohistochemistry in diagnosis.
Fertil Steril. 2016 Jan;105(1):106-10. bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten in 27% und bei Einnistungsversagen in 14% der Biopsien Entzündungen nachweisen. Der Nachweis erfolgte in dieser Studie mit einer immunhistochemischen Untersuchung auf Plasmazellen im Endometrium mit Hilfe des Plasmazell-spezifischen Antikörpers CD138. Diese Plasmazellen sind lassen sich nur nachweisen, wenn eine Endometritis vorliegt. Auch dann, wenn im Abstrich keine Bakterien gefunden werden konnten. Üblicherweise wird in diesen Fällen zu einer Antibiotikatherapie (Doxycyclin 200mg/Tag über 14 Tage) geraten.
Verbesserung der Erfolgsraten bei IVF?
Dieser sehr spezifische immunhistochemische Nachweis von Entzündungen wird noch nicht lange verwendet. Ein Vorreiter war die Universität Jena, weshalb die Untersuchung in unserem Forum immer noch als „Jena-Biopsie“ bezeichnet wird, wenngleich nun auch weitere Labore diese Untersuchung anbieten. Es gibt daher noch nicht viele Studien, die sich mit den Auswirkungen der Endometritis auf den Ausgang einer IVF beschäftigen.
Eine Übersichtsarbeit fasst die Ergebnisse von insgesamt 5 Studien und fast 800 darin untersuchten Patienten zusammen3)Vitagliano A, Saccardi C, Noventa M, Di Spiezio Sardo A, Saccone G, Cicinelli E, Pizzi S, Andrisani A, Litta PS
Effects of chronic endometritis therapy on in vitro fertilization outcome in women with repeated implantation failure: a systematic review and meta-analysis.
Fertil Steril. 2018 Jul 1;110(1):103-112. Die Frauen hatten jeweils zwei oder mehr IVF-Zyklen ohne Einnistung hinter sich, wenn sie in den Studien aufgenommen wurden. Der Nachweis von Entzündungen erfolgte in den Studien uneinheitlich entweder mit der oben genannten Methode oder einer Hämatoxylin-Eosin-Färbung, also einer eher klassischen und weniger aussagekräftigeren Methode. Bei Vorliegen einer Entzündung der Gebärmutterschleimhaut wurde antibiotisch behandelt. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Basierend auf den Ergebnissen einer der 5 Studien machte es keinen Unterschied, ob eine Endometritis behandelt wurde (allerdings keine Kontrolle durchgeführt wurde, ob die Entzündung anschließend verschwunden war) oder nicht.
- Wurde eine chronische Endometritis (nachweislich, also mit erneuter Kontrollbiopsie) erfolgreich behandelt, dann war die Zahl der lebend geborenen Kinder mindestens doppelt so hoch („Odds-Ratio“ 6.81 (95% Konfidenzintervall, 2,08-22,24) wie bei unbehandelten oder nicht erfolgreich behandelten Entzündungen. Man erkennt an dem breiten Konfidenzintervall, dass die Daten mit einer größeren Fallzahl geprüft werden müssten, aber aktuell ergibt sich ein statistisch signifikanter Unterschied.
- Nach einer Behandlung mit Antibiotika waren die Chancen auf eine Lebendgeburt genauso hoch wie bei Frauen, die noch nie eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut hatten.
Schleimhaut-Biopsie für alle?
Nun würde man ja denken, es ist dann wohl am besten, wenn man alle Frauen vor einer künstlichen Befruchtung einer Schleimhautbiopsie unterzieht. Das ist jedoch nicht sinnvoll. Wählt man die Patientinnen nicht sorgfältig aus, ist die Aussagekraft der Untersuchung gering. So ist die Behandlung einer Entzündung bei Frauen mit nur einem IVF-Versuch ohne Erfolg für die folgenden Behandlungen wenig hilfreich4)Hernandez-Nieto, C., Lee, J. A., Stein, D. E., Mukherjee, T., Sandler, B., & Copperman, A. B. (2019). Chronic endometritis screening in patients who experience euploid embryo implantation failure does not improve IVF outcomes after a subsequent euploid FET. Fertility and Sterility, 112(3), e166..
Chronische Endometritis: Aktueller Stand der Dinge
Die Diagnose sollte mit einer Biopsie und einer immunhistochemischen Untersuchung erfolgen. Nach einer Gabe von Antibiotika sollte der Therapieerfolg mit einer weiteren Biopsie kontrolliert werden. Um den Wert dieser Diagnostik und Therapie endgültig klären zu können, sind jedoch weitere Studien notwendig.
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Literatur
↑1 | Song, D., Li, T. C., Zhang, Y., Feng, X., Xia, E., Huang, X., & Xiao, Y. (2019). Correlation between hysteroscopy findings and chronic endometritis. Fertility and sterility, 111(4), 772-779. |
↑2 | Bouet PE, El Hachem H, Monceau E, Gariépy G, Kadoch IJ, Sylvestre C Chronic endometritis in women with recurrent pregnancy loss and recurrent https://www.wunschkinder.net/aktuell/glossary/implantation/">Weiterlesen</a><p></div>" href="https://www.wunschkinder.net/aktuell/glossary/implantation/" target="_blank">implantation failure: prevalence and role of office hysteroscopy and immunohistochemistry in diagnosis. Fertil Steril. 2016 Jan;105(1):106-10. |
↑3 | Vitagliano A, Saccardi C, Noventa M, Di Spiezio Sardo A, Saccone G, Cicinelli E, Pizzi S, Andrisani A, Litta PS Effects of chronic endometritis therapy on in vitro fertilization outcome in women with repeated implantation failure: a systematic review and meta-analysis. Fertil Steril. 2018 Jul 1;110(1):103-112 |
↑4 | Hernandez-Nieto, C., Lee, J. A., Stein, D. E., Mukherjee, T., Sandler, B., & Copperman, A. B. (2019). Chronic endometritis screening in patients who experience euploid embryo implantation failure does not improve IVF outcomes after a subsequent euploid FET. Fertility and Sterility, 112(3), e166. |
Einer chronischen Endometritis muss doch mal eine akute Enzündung vorausgegangen sein, oder nicht? Eine, die man gemerkt hätte. Und wie kommt es überhaupt zur Gebärmutterentzündungen?
1. Nein, offenbar nicht.
2. Durch Bakterien. Deswegen ja auch die Wirksamkeit der Antibiotika.
[…] Immunreaktionen einen Einfluss auf die Einnistung haben, hatten wir ja hier bereits kürzlich im Zusammenhang mit den Plasmazellen […]
[…] Nach meinen folgenden Rechercheren wird mir klar, dass vielleicht auch erst die Behandlung in der Endokrinologie die Infektion verursacht hat. Aber man wird es nie wissen. Und wie viele Frauen trotz so einer Entzündung trotzdem schwanger werden weiß man auch nicht. Die Studienlage ist dünn. Offenbar ist erst seit ein paar Jahren der Zusammenhang Entzündung/nicht-Einnistung im Rahmen von IVF etabliert. (Siehe https://www.wunschkinder.net/aktuell/wissenschaft/endometritis-gebaermutterschleimhaut-ivf-8538/). […]
Vielen Dank für den informativen Artikel. Muss der Mann bei diagnostizierter Endometritis auch behandelt werden? Oder genügt eine Antibiotikatherapie der Frau?
MfG Doreen
Gute Frage. Nein, der Mann muss nicht mitbehandelt werden.
Ich würde gerne wissen, ob man – wenn man zwischen 50-70 kg wiegt, dann nur 100 mg Doxy nimmt oder trotzdem 200 mg? Ich bin etwas verunsichert, weil mein Arzt sagte, bei weniger als 70 kg nimmt man nur 100 mg. In Ihrem Beitrag steht aber ja 200 mg und nicht "100 mg oder 200 mg".
Können Sie mir hierzu etwas sagen?
Offen gestanden, habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht. In den meisten Studien zu diesem Thema wird eine Dosis von 200 mg täglich zugrunde gelegt und eine Anpassung an das Körpergewicht ist dort kein Thema. Aus der Sicht anderer Fachgruppen als der Reproduktionsmediziner mag diese sinnvoll sein. Aber wie gesagt: die Studie zu diesem Thema beinhalten fast immer diese Dosis.