

Antibiotika in der Schwangerschaft: Mehr Fehlgeburten?
Studie zeigt ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten nach Gabe von Antibiotika in der Schwangerschaft
Eine bakterielle Entzündung in der Frühschwangerschaft bietet potenzielle Risiken, weshalb dann üblicherweise Antibiotika verabreicht werden müssen, um den ungefährdeten Fortgang der Schwangerschaft gewährleisten zu können. Eine Studie aus Kanada weist jedoch auf mögliche Risiken durch die Gabe von Antibiotika in der Schwangerschaft hin.
Unbehandelte Infektionen sind erhöhen das Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt zu und daher werden oft Antibiotika gegeben, um dies zu vermeiden. Andererseits sind diese Medikamente auch fähig, Fehlgeburten auszulösen, wie eine aktuelle Studie aus Kanada nahelegt 1)Muanda FT, Sheehy O, Bérard A2
Use of antibiotics during pregnancy and risk of spontaneous abortion.
CMAJ. 2017 May 1;189(17):E625-E633. doi: 10.1503/cmaj.161020.
Sind Antibiotika in der Schwangerschaft nun schädlich?
So pauschal kann man dies nicht behaupten. Schaut man sich die Zahlen der Studie an, dann sind diese (wie immer bei empirischen Studien) zwar hoch, aber im Detail bieten sie Raum für mannigfaltige Interpretationen und Spekulationen: Über einen Zeitraum von fast 12 Jahren wurden 8.702 Fehlgeburten analysiert. Von den Frauen, die eine Fehlgeburten erlitten, hatten 16,4% zuvor Antibiotika in der Schwangerschaft bekommen. Bei den Frauen mit einer unproblematischen Schwangerschaft waren es hingegen nur 12,3%. Das ist zwar statistisch signifikant, aber die Differenz ist nur gering.
Welche Antibiotika kann man unbedenklich nehmen?
Die Studie differenziert zwischen den einzelnen Substanzgruppen und ihrer Gefahr für eine Schwangerschaft. Unbedenklich waren demzufolge Penicilline und Cephalosporine, die schon lange als Mittel der Wahl bei Antibiotika in der Schwangerschaft gelten. Auch als sicher galten bislang Makrolid-Antibiotika (Am bekanntesten sind hier Erythromycin und Roxithromycin). Das scheint jedoch nicht uneingeschränkt zu gelten, denn zumindest beim Azithromycin und Clarithromycin ist das Risiko für eine Fehlgeburt deutlich erhöht (um 65% bzw. mehr das das Doppelte).
Bezüglich der Chinolone, Tetrazykline, des Metronidazol und der Sulfonamide konnten die Bedenken von der Einnahme während der Schwangerschaft bestätigt werden.
Eine Übersicht gängiger Antibiotika und Virostatika und ihre Verwendung bei Schwangeren.
Acyclovir | Wird bei Vireninfekten gegeben. Ausreichend Erfahrung. Weder feto- noch embryotoxisch. |
Aminoglykoside | Streptomycin wird zur Behandlung der Tuberkulose verabreicht und kann zu kindlichen Hörschäden führen. Streptomycin sollte deshalb nicht gegeben werden,Ethambutol und Isoniazid hingegen gehören zu den Standardmitteln zur Behandlung einer Tuberkulose in der Schwangerschaft. Um einem möglichen Vitamin-B6-Mangel vorzubeugen, sollte Isoniazid in Kombination mit Pyridoxin eingenommen werden. |
Amphotericin B | Wird gegen Pilz (Mykosen) gegeben. Nur wenige Erfahrungsberichte, bei lebensbedrohlichen Mykosen in der Schwangerschaft kann es gegeben werden. |
Ampicillin | Es bestehen reichlich Erfahrungen ohne Nebenwirkungen auch für Ampicillin kombiniert mit Sulbactam |
Cephalosporine | Cephalosporine der ersten und zweiten Generation (Cephalothin, Cefazolin Cefoxitin) sind sicher und haben keine erhöhte fetale Toxizität. Auch Fehlgeburten treten nicht häufiger auf |
Chlorampehenicol | Aplastische Blutschäden und Grey-Syndrom beim Feten können die Folge sein. Sollte nicht in der Schwangerschaft verwendet werden. Auch außerhalb der Schwangerschaft wegen ausgeprägter Nebenwirkungen nur noch selten verwendet (lokal als Augentropfen vor allem |
Clindamycin | Es reichert sich im Knochen an und wird deswegen gerne bei Zahnentzündungen gegeben. Nur wenig Erfahrungen in der Schwangerschaft, Fehlbildungen oder -geburten werden nicht gehäuft beschrieben |
Clotrimazol | Extrem gut untersucht und bei lokaler Anwendung bei Vaginalmykosen keine Schädigungen oder Fehlgeburten zu erwarten. |
Erythromycin | Möglicherweise erhöhtes Risiko für Fehlgeburten (s. o.). Es besteht keine erhöhte mütterliche und fetale Toxizität. |
Ethambutol | Schädigende Wirkung auf die Mutter und den Fötus ist bis jetzt nicht bekannt. Gute Erfahrungsbasis bei Behandlung der Tuberkulose bei Schwangeren. |
Fluconazol | Wird bei Pilzinfektionen gegeben. Sehr zahlreiche Erfahrungen bei Schwangeren. Fehlbildungsrisiko ist bei einer Dosis unter 200 mg pro Tag, wenn überhaupt vorhanden, nur gering zu sein. Evtl. erhöhte Fehlgeburtenrate |
Flucytosin | Wenig Erfahrungen, möglicherweise teratogen oder zytotoxisch |
Ganciclovir | Wirkt gegen Viren, hier vor allem Zytomegalie. Nur wenige Erfahrungen, daher wird von einer Anwendung bei Schwangeren bis auf wenige Ausnahmen abgeraten. |
Griseofulvin | Antimykotikum.Von einer Verwendung bei Schwangeren wird wegen geringer Erfahrungen abgeraten. |
Isoniazid | Siehe oben („Aminoglykoside“). Isoniazid wird bei Tuberkulose auch Schwangeren verabreicht. |
Itraconazol | Breitspektrum-Antimykotikum. Im ersten Schwangerschaftsdrittel laut Studienlage keine Gefährdung der Schwangerschaft. |
Ketoconazol | Wird gegen Pilze eingesetzt (Imidazol-Derivat). Weniger gut untersucht als Clotrimazol, weshalb dieses bevorzugt werden sollte. |
Makrolid-Antibiotika 3. Generation | Sicherheit nicht erwiesen, vermutlich erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. |
Nitrofurantoin | Wirkt gut bei bakteriellen Harnwegsinfekten. Ist hier in der Schwangerschaft aber zweite Wahl, da sichere Alternativen zur Verfügung stehen. |
Penizilline | Penizilline können während der gesamten Schwangerschaft gegeben werden. Es besteht keine erhöhte mütterliche und fetale Toxizität. Kein anderes Antibiotikum ist besser untersucht. |
Pyrimethamin | Pyrimethamin hat im ersten Drittel und in geringerem Ausmaß auch im zweiten Drittel der Schwangreschaft eine schädigende Wirkung auf den Feten. |
Rifampicin | Rifampicin gehört zu den Standardmitteln zur Behandlung einer Tuberkulose in der Schwangerschaft. |
Sulbactam | Siehe oben. Wird oft mit Ampicillin zusammen verabreicht und schädigt weder Fet noch Mutter |
Sulfonamide | Für den Fötus sind Sulfonamide in der vorgeburtlichen Phase gefährlich, da auch Bilirubinerhöhung der Folge sein kann. Die Leber des Neugeborenen ist nicht in der Lage, die Sulfonamide zu verarbeiten. Fehlgeburtsrisiko erhöht. |
Tazobactam | Sicherheit nicht erwiesen |
Tetrazykline | Erhöhtes Fehlgeburtsrisiko. Als Injektion gegebene Tetrazykline können im dritten Trimenon der Schwangerschaft eine mütterliche Hepatitis auslösen. Tetrazykline verursachen eine Verfärbung und Verformung der Zähne beim Fötus. |
Trimethoprim-Sulfamethoxazol | Durch die Folsäure-antagonisierende Wirkung kann eine Anämie verstärkt werden. |
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Literatur
↑1 | Muanda FT, Sheehy O, Bérard A2 Use of antibiotics during pregnancy and risk of spontaneous abortion. CMAJ. 2017 May 1;189(17):E625-E633. doi: 10.1503/cmaj.161020. |
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Weiß jemand, was mit Monuril ist? (Wirkstoff: Fosfomycin) Das habe ich in der Liste nicht gefunden…
[…] Antibiotika in der Schwangerschaft: Mehr Fehlgeburten? […]
@ Merle: https://www.embryotox.de/fosfomycin.html
Danke!
Vielleicht bin ich ja dumm, aber ich verstehe die Studie nicht. Woher weiß man denn, ob die erhöhte Rate an Fehlgeburten auf das Antibiotika oder auf die Infektion zurückzuführen ist? (Ich gehe mal davon aus, dass Schwangere mit einer unkomplizierten Schwangerschaft nicht zu Studienzwecken Antibiotika erhalten haben.)
Es ist ja auch keine kontrollierte Studie, sondern eine empirische Studie. Man kann durchaus Antibiotika bekommen und dennoch eine unkomplizierte Schwangerschaft haben. Aber Sie haben schon recht: Ergebnisse einer kontrollierten Studie sind aussagefähiger
Sehr interessanter Artikel!
Vielen Dank dafür!
Grüße
Dani