Verwendung von Spermien eines Toten verstößt gegen das Embryonenschutzgesetz

Klage der Witwe vor dem Oberlandesgericht München abgewiesen


Nicht die Witwe würde sich eines Vergehens schuldig mache, wenn sie eine künstliche Befruchtung mit den Spermien ihres verstorbenen Mannes durchführen ließe. Die Ärzte der Klinik, in der die Spermien lagern, würden gegen das Embryonenschutzgesetz verstoßen.

Das Paar hatte sich vor dem Tod des Mannes wegen eines unerfüllten Kinderwunschs in einer entsprechenden Klinik behandeln lassen. Bevor es zu einer Schwangerschaft kam, verstarb der Ehemann nach einer Herztransplantation mit 38 Jahren.

Die Witwe wollte sich nun mit den Spermien, die der Ehemann vor seinem Tod hat einfrieren lassen, behandeln lassen. Die Klinik verweigerte die Herausgabe mit dem Verweis auf das Embryonenschutzgesetz, wir berichteten hier kürzlich darüber.

Witwe sieht Verstoß gegen die Verfassung

Die Witwe unterliegt mit diesem Ansinnen vor dem Landesgericht und nun fand die Revision vor dem Oberlandesgericht statt. Bereits im Vorfeld äußerten die Richter, dass es hier um keine einfach zu klärenden Sachverhalt ginge:

„Wir haben lange überlegt“, sagte der Vorsitzende Richter. „Das ist keine einfach zu klärende Frage.“ Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass das Embryonenschutzgesetz in dieser konkreten Fragestellung nicht verfassungswidrig sei. „Es mögen gewisse Zweifel verbleiben, aber sie reichen nicht dafür aus, dass wir das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorlegen.“

In dem nun gefällten Urteil (Urt. v. 22.02.2017, Az. 3 U 4080/16) Wurde die Klage daher erneut abgewiesen und eine Revision zwar zugelassen, aber nicht vor dem Bundesverfassungsgericht, sondern „nur“ vor dem BGH.

Gericht sieht keinen Konflikt mit der Verfassung

Das OLG erklärte am Mittwoch, die Klinik könnte sich der Beihilfe zum Verstoß gegen das Gesetz schuldig machen, wenn sie das Sperma wie von der Witwe gewünscht herausgäbe. § 4 Abs 2 ESchG nimmt nämlich nur die Frau, der die Samenzellen eingesetzt werden, nicht aber die Ärzte von der Strafbarkeit aus. „Von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm des (…) Embryonenschutzgesetzes ist der Senat nicht überzeugt.“

Das ganze Verfahren zeigt ein häufiges Dilemma der Rechtsprechung, wenn es um die Reproduktionmedizin geht. Das Verbot bestimmter medizinischer Maßnahmen ist zwar strafbewehrt, aber nur für die ausführenden Ärzte, die sich eines Vergehens schuldig machen, wenn sie den Wunsch der Patienten erfüllen. Die Patienten selbst verstoßen jedoch nicht gegen das Gesetz und haben – nachvollziehbar – wenig Verständnis für die Ärzte, die sich der Erfüllung ihres Wunsches entgegenstellen (müssen).


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Quelle Legal Tribune Online
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Kommentar

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4 Kommentare
  1. Berliner Patientin
    Berliner Patientin schreibt

    Dürfte sie das Gefriergut denn ins benachbarte Ausland transferieren?

    Ein bisschen komisch ist das ja schon: bei einer Samenspende weiss man auch nicht, ob der (dänische) Spender noch lebt. Also so richtig rund ist das nicht. Insgesamt ein sehr sehr trauriges Ergebnis. Da nimmt man die Zerstörung eines existierenden Lebens billigend in Kauf, mit all seinen potenziell tötlichen Randerscheinungen.

  2. Lini Rieke
    Lini Rieke schreibt

    Richtig so. Wie ich finde ist irgendwo eine Grenze.

  3. Elmar Breitbach
    Elmar Breitbach schreibt

    Völlig richtig, richtig rund ist das Ganze nicht. Und Gesetze sind nicht unbedingt immer logisch. da die Herausgabe den Ärzten nicht erlaubt ist, wird sie die Spermien auch nicht ins Ausland transferieren können.

  4. Berliner Patientin
    Berliner Patientin schreibt

    Ist das mit dem Herausgabeverbot nur so bei KiWu-Kliniken, oder auch bei Samenbanken, ggf. im Ausland? Ich glaube, darüber wird man nicht aufgeklärt bei den Gesprächen, dass das Eigentum quasi an die Klinik übergeht.
    Im konkreten Fall steht die verwitwete Frau nun allein da. Als hätte sich alles gegen sie verschworen, erst das Schicksal, dann die Richter in der (!)Auslegung der Gesetze.

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