Gesundheitsausschuss berät über künstliche Befruchtung

Viele Fragen zur Reproduktionsmedizin offen


Vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages diskutierten Experten vor allem zur Kostenübernahme der Kinderwunschbehandlungen bei unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Paaren.

Natürlich ging es noch um ein paar andere Themen aber die Kostenübernahme bei Behandlung des unerfüllten Kinderwunschs bei unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Paaren standen thematisch im Vordergrund. Es ist ja keine neue Erkenntnis, dass die Regelungen in der Reproduktionsmedizin bruchstückhaft sind und wenn es um die Übernahme der Kosten für solche Behandlungen geht, die Regelungen chaotischer nicht sein könnten.

Antrag von „Die Grünen“

Der Gesetzentwurf der Grünen sieht vor, dass

  • Die Ehe nicht mehr Voraussetzung für die Übernahme der Kosten durch die Versicherungen sein soll
  • Auch eingetragene Lebenspartnerschaften und „auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften“ sollen ausrechend sein
  • Es sollen auch die Behandlungskosten bei der Verwendung von Spermien eines Spenders übernommen werden (heterologe Insemination oder IVF)

Zusammenfassend heißt es in dem Entwurf:  Es sollen auch „verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare für Maßnahmen der homologen
oder heterologen künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung“ erhalten. (Anmerkung: Warum denn partiell?)

Antrag von „Die Linke“

Der Gesetzentwurf der Linken zielt in die gleiche Richtung und möchte Ungerechtigkeiten der Kostenübernahme beseitigen: „Derzeit würden unverheiratete Paare, lesbische Frauen und solche ohne dauerhafte Partnerschaft sowie aufgrund unterschiedlicher Zuschüsse auch Menschen mit geringem Einkommen diskriminiert.“ Gefordert werden:

  • Volle Kostenübernahme der Kinderwunschbehandlungen, auch wenn Spendersamen verwendet werden
  • Dieser Erstattungsanspruch soll auch für „Frauen und Personen anderen Geschlechts, die in nichtehelicher, lesbischer, sonstiger oder ohne Partnerschaft leben
  • Die Altersbeschränkungen sollen nur eingeschränkt werden sofern „sie zum Schutz der Solidargemeinschaft wegen zu geringer Erfolgsaussichten […] erforderlich sind
  • Die volle Kostenerstattung durch die Krankenkassen soll die Regelungen des Kinderwunschförderungsgesetzes ersetzen.

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die fehlende Mitarbeit der Bundesländer wohnortabhängige Ungerechtigkeiten nach sich zieht.

Verbände und Experten tragen ihre Sicht vor

Die Bundes- und Landesärztekammern sehen vor allem ungelöste rechtliche Fragestellungen. Es sollten vor allem erst die rechtlichen Fragestellungen geklärt werden, bevor an eine Leistungsausweitung gedacht werde. Auch die Vertreterin der Landesärztekammer NRW wies darauf hin, dass es eine frei wählbare Eltern-Kind-Zuordnung nicht gebe. Auch in einer heterosexuellen Partnerschaft gebe es noch Regelungslücken.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) „sprach sich dafür aus, dass alle empfängnisunfähigen Frauen unabhängig von ihrem Familienstand einen Anspruch auf Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlungen haben sollten. Das gelte auch für heterologe Inseminationen, wenn Frauen zwar nicht empfängnisunfähig, ihr Partner aber zeugungsunfähig sei oder weil die Frau mit einer Frau lebe oder weil sie alleinstehend sei.

Auch der Fachverband pro Familia unterstützt diese Sicht. Alleinstehenden und lesbischen Frauen soll eine heterologe Insemination ermöglicht und dafür einen gesetzlichen Anspruch zur partiellen Kostenübernahme geschaffen werden.

Der Verein Spenderkinder steht der Spermienspende traditionell sehr kritisch gegenüber und auch wenig zögerlich, wenn es um die Wahl der Argumente geht, die zum Teil unbelegte Behauptungen sind. Eine Kostenübernahme der Spermienspende ließe „die nötige Reflexion [der zukünftigen Eltern vor einer Behandlung] jedoch voraussichtlich entfallen und [es werde] der Eindruck vermittelt, dass kein Unterschied zu einer homologen Insemination bestünde. Zu berücksichtigen sei überdies, dass bei einer Samenspende den so gezeugten Menschen der genetische Vater bewusst vorenthalten werde. Dies sei ethisch bedenklich.

Der Verein Wunschkind e.V. lehnt wie die meisten ihrer Vorredner die Ehe als Voraussetzung für eine Kostenübernahme ab. Gleihgeschlechtliche Paare und „heterosexuelle Paare, die auf einen Samenspender zurückgreifen, sollten ebenfalls gefördert werden. Dabei müsse es für die Kostenübernahme unerheblich sein, wer bei dem Paar von Unfruchtbarkeit betroffen sei.

Vertreter der Krankenkassen skeptisch

Man kann verstehen, dass die Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen die Forderungen der Linken kritisch sehen. Diese möchten ja die Beteiligung des Bundes und der Länder (in einigen Bundesländern bis zu 25% der Kosten) nicht nur durch eine entsprechende Leistung der Krankenkassen ersetzen, sondern auf 50% erhöhen. Und die Behandlung mit Spenderspermien „berührt nach Aussage des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zahlreiche Fragen der Reproduktionsmedizin. Die damit zusammenhängenden auch rechtlichen Fragestellungen müssten zunächst beantwortet und in Regelungen gefasst werden.

Vorsicht ist geboten

Wer sich nun darüber freut, dass etwas in Bewegung gerät, dem möchte ich diese Freude nicht unnötig trüben, sondern nur daran erinnern, dass bereits 2015 der gleiche Ausschuss – damals nur auf Antrag der Grünen – zu dem Thema Kinderwunschbehandlung bei unverheirateten Paaren tagte. In diesen drei Jahren ist recht wenig passiert. Die damalige Familienministerin Schwesig hat zumindest für die Bundeszuschüsse die Heirat als Voraussetzung gestrichen, die Kostenübernahme der Krankenkassen setzt jedoch unverändert die Ehe voraus. Es gibt durchaus Krankenkassen, die auch die Kosten für Unverheiratete übernehmen möchten, aber höchstrichterliche Urteile (Bundessozialgericht) untersagten es ihnen.

Dennoch ist es erfreulich, dass sich manche Parteien für kinderlose Paare stark machen, auch wenn Jens Spahn sie ja mit höheren Rentenbeiträgen belasten möchte.

Die Anhörung in voller Länge

Wer sich das alles noch einmal ansehen möchte, der Deutsche Bundestag hat ein Video (90 Minuten) davon zur Verfügung gestellt.

Alle Zitate von der Webseite des Deutschen Bundestags


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Kommentar

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2 Kommentare
  1. Rebella
    Rebella schreibt

    Herzlichen Dank, dass Sie das hier eingestellt haben, lieber Dr. Breitbach. Vielleicht interessieren sich hier auch einige für die vollständigen Stellungnahmen der zur Anhörung Eingeladenen: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/stellungnahmen-inhalt/578608

    Den GKV Spitzenverband habe ich etwas anders verstanden. Dieser wollte sich nicht anmaßen, über die Frage zu entscheiden. Das sei im gesellschaftspolitischen Diskurs zu erörtern. Was ich bisher nicht wusste, nach §221 SGB V erhalten die Krankenkassen vom Bund eine pauschale Abgeltung für die Bezahlung von "versicherungsfremdem Leistungen", worunter auch die assistierte Befruchtung fällt. Demnach zahlen die Krankenkassen nicht wirklich die assistierte Befruchtung, sondern sie reichen nur das erhaltene Geld vom Bund weiter. Allein da sagt der GKV Spitzenverband, dieses Geld müsse dann aufgestockt werden. Wenn man aber bedenkt, dass die Kassen über diesen Paragrafen schon 14,5 Mrd. Euro pro Jahr bekommen, dann macht das Geld für die medizinischen Hilfen zur Herbeiführung von Schwangerschaften selbst bei Umsetzung der o.g. Forderungen nur eine Erhöhung um eine einzing 0,1 Mrd. Euro aus. ….

    Dass in diesen 3 Jahren recht wenig passiert sei, können Sie nicht sagen. Es gibt diese: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/075/1807517.pdf Beschlussempfehlung vom 15.02.2016, mit der der Gesetzesvorschlag damals abgelehnt wurde. Die dort genannten Forderungen sind aber weitgehend mit dem Samenspenderregistergesetz (SaRegG) erfüllt. Es gibt inzwischen die so genannten "Ehe für alle", die zumindest auch Frauenpaaren die Ehe ermöglicht, die ja derzeit noch Voraussetzung für die KÜ ist. Und es gab einen Arbeitskreis Abstammung im Justizministerium, der Gesetzesänderungsvorschläge erarbeitet hat, die die restlichen Punkte aus der o.g. Drucksache erfüllen. Diese sollen wohl mit einem Anpassungsgesetz umgesetzt werden. – Damit wären dann alle Punkte erfüllt.

    Nun aber wurden neue Forderungen gestellt, die auch noch erfüllt sein müssten. Die Forderung nach einem Fortpflanzungsmedizingesetz kam auf den Tisch und wurde in der Anhörung mehrfach angesprochen. Hier wurde wohl die Gelegenheit genutzt, obwohl diese Forderungen nichts mit einer Gleichstellung bei der Kostenübernahme zu tun haben. Ich verstehe das allerdings, denn ein Fortpflanzungsmedizingesetz nach dem neuesten Stand ist notwendig!

    Trotzdem befürchte ich, dass hier auch Blockadepolitik betrieben wird. Lt. BÄK wäre zuerst eine "systematische Rechtsentwicklung" notwendig. – Na, das wird aber dauern! Ich vertrete die Auffassung, dass eine Diskussion um die Eizellspende, um die Dreierregel, um Erfolgswahrscheinlichkeiten und um Risiken der Reproduktionsmedizin nicht rechtfertigen kann, dass bestehende Diskriminierungen von bestimmten Gruppen erstmal für ein paar Jahre weiterhin bestehen bleiben.

    Aber schauen wir. Wir bleiben dran!

  2. Rebella
    Rebella schreibt

    Beim Verein Spenderkinder liegt übrigens eine völlige Realitätsverzerrung vor. Natürlich berichten sie auf ihrer Webseite inzwischen über die Anhörung. Und es ist echt krass:

    Zitat Seite Spenderkinder: "Bei der Anhörung haben wir uns gefreut, dass uns insgesamt fünf Fragen gestellt wurden und damit großes Interesse an unserer Perspektive gezeigt wurde. Auffallend war allerdings die starke Repräsentation der Perspektive von Wunscheltern und ihren Beratern."

    Zur Erinnerung: Wenn man von den beiden provozierenden Fragen der AFD an den LSVD und an Wunschkind e.V. absieht, dann hat der LSVD eine Frage erhalten und DI Netz e-V. auch eine Frage. Weitere Vertreter von Wunscheltern waren nicht da.

    Der Verein Spenderkinder publiziert und kommuniziert leider sehr erfolgreich seine Auffassung, dass man Eltern von Kindern, die mittels Samenspende gezeugt wurden, dazu zwingen müsse, ihre Kinder über die Zeugungsart aufzuklären. Dass das Projekt "Aufklärung" nur dann gelingen kann, wenn die Stigmatisierung unserer Familien endlich ein Ende hat und damit die Eltern für einen offenen Umgang mit ihrer Form der Familiengründung insbesondere gegenüber ihrem Kind auch überzeugt werden, das WOLLEN sie offenbar nicht verstehen.

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